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Der Wahlstendaler Malte Lohmann will die Deutsche Bahn zu mehr Halten in Stendal bewegen Außerplanmäßiges Warten in der Autostadt

Von Frank Eckert 03.12.2013, 01:20

Nach dem Flut-Fahrplan hat die Deutsche Bahn ihr Zugangebot wieder zurückgefahren. Das ärgert Berufspendler besonders.

Stendal l Malte Lohmann kann mit Zeiten umgehen; mit Zahlen kaum weniger engagiert. Als Controller bei der Volkswagen AG in Wolfsburg bietet er nahezu beste Voraussetzungen dafür, dass ihn die Deutsche Bahn ernst nimmt und ihm zuhört. Denn: Der Mann liest Fahrpläne wie andere das Fernsehprogramm - mit all seinen Tücken und Ausweichzeiten.

Während der Fluttage waren Lohmann und seine Kollegen von einem der größten Fahrzeughersteller der Welt von ihrem Arbeitgeber erst abgeschnitten, später mit Ersatzzügen wieder angebunden worden wie die Pendler, die in Richtung Berlin auf ihrem Weg zum Arbeitsplatz waren. Zwischendurch lief vieles über Fahrgemeinschaften auf monströs anmutenden Umwegen. Als schließlich sogar die ICE-Züge außerplanmäßig in Stendal hielten, war das Bahnangebot plötzlich größer als je zuvor. "Nahezu stündlich war Stendal an den Fernverkehr von und nach Berlin oder Wolfsburg angebunden", erläutert Malte Lohmann.

Alles auf Anfang in unzufriedene Zeiten

Seit 4. November ist die Bahn wieder in ihrem ursprünglichen Modus - alles steht auf Anfang. Durchaus nicht zum Vorteil von Lohmann Co., "denn der Halt der vorher hier gelandeten ICE entfiel plötzlich wieder", sagt der VW-Mitarbeiter. Es sei, so schrieb er auch an die Deutsche Bahn, "in vielerlei Hinsicht ein Rückschritt in alte, nicht zufriedenstellende Zeiten". Denn: Oft ist es so, dass ausgerechnet zu den Schichtenden oder Schichtanfängen keine Züge halbwegs praktikabel fahren, oder sie mit dem Schichtende in der Werkhalle am Bahnsteig abfahren, so dass kein Pendler mehr seine Heimreise zeitnah starten kann. Das schafft Frust. Mit ihrem außerplanmäßigen Warten verbringen sie einen erheblichen Anteil ihrer Freizeit am Bahnhof in der Autostadt.

Lohmann geht einen Schritt auf die Bahn zu und macht gar Vorschläge: Wie wäre es, wenn beispielsweise ein ICE zusätzlich in Stendal hält, der jetzt um 8.54 Uhr täglich in Wolfsburg landet und zuvor in Berlin Ostbahnhof um 7.36 Uhr abgefahren ist. Mit diesem könnten die 9-Uhr-Schichtler recht bequem ihren Arbeitsplatz erreichen.

Ähnlich bei den Rückfahrten: Wenn um 13.57 Uhr in Wolfsburg Feierabend ist, dann wäre eine Abfahrt "zirka 30 Minuten später ideal", argumentiert Lohmann. Ein ICE, der um 15.04 Uhr in Wolfsburg tatsächlich startet, umfährt Stendal allerdings südlich mit Hochgeschwindigkeitsrauschen an der Hansestadt vorbei. Wenn dieser Zug in Stendal hielte, würde das eine Verzögerung bedeuten, "klar, das ist nicht schön für alle, die ganz schnell nach Berlin wollen. Doch es wäre eine Erleichterung für die Schichtarbeiter aus unserer Region hier."

Lohmann (35), Wahlstendaler und gebürtiger Bad Gandersheimer, hat eine erste Bahn-Antwort bekommen: Sie verweist mit recht allgemeinen bis freundlichen Floskeln auf die vom Gesetzgeber formulierten Vorgaben für die Bahn. Die ICE-Züge sollen zudem ihre Geschwindigkeitsvorteile ausnutzen. Ein Halt in Stendal würde sie also ausbremsen, bedeutet das wenig altmark-kundenfreundlich.

Samt Familie lebt Lohmann seit 2010 in Stendal. Seine Frau - eine gebürtige Stendalerin - und er haben sich bewusst für die Hansestadt entschieden. "Wir wollen hier bleiben." Vielleicht hat er auch Oberbürgermeister Klaus Schmotz mit seinem Anliegen zusätzlicher ICE-Halte an seiner Seite, denn Lohmann schrieb auch ihm über das Schichtarbeiter-Pendel-Problem.

Die Landtagsabgeordneten Dorothes Frederking (Grüne) und Hardy Peter Güssau (CDU) setzen sich im Verkehrsausschuss des Landes für Lohmanns Sache bei Bahnchef Rüdiger Grube ein. "Wir unterstützen sein Anliegen", sagt Güssau. Die Bundestagsabgeordnete Marina Kermer schrieb ebenfalls eine Note an den Logistikkonzern - Ende offen.