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Ausbildungsabschluss Haustür für Oma als Gesellenstück

Die Gesellenstücke von acht jungen Frauen und Männern wurden am Sonnabend in Stendal für gut befunden.

Von Volker Langner 18.07.2016, 01:01

Stendal l „Es macht mir einfach Spaß, mit Holz zu arbeiten“, begründet Marvin Willmer seinen Berufswunsch: Tischler. Den hat sich der 19-Jährige nun erfüllt. Mit der Gesellenstückabnahme endete seine Ausbildung.

Dafür hat der Bucher, der den praktischen Teil seiner Ausbildung in der Tischlerei Dähne in Warnau absolvierte, eine Hauseingangstür aus Eiche gefertigt. Die wird demnächst in Grieben montiert, am Haus der Oma von Marvin Willmer. An der alten Haustür habe der Zahn der Zeit unübersehbar genagt, da sei sein Gesellenstück gerade recht gekommen, so der junge Mann. Sein Ausbildungsbetrieb in Warnau hat ihn übernommen. Auf die Volksstimme-Frage nach einer möglichen Meisterausbildung antwortet er: „Ganz vielleicht.“ Dann schiebt er energisch nach: „Jetzt möchte ich erst einmal Berufserfahrung sammeln.“

Ähnlich denkt Markus Rolle, der sich später einmal eine Qualifikation zum Holztechniker vorstellen kann. „Ich zeichne und entwerfe gern. Und finde es gut, eigene Ideen umsetzen zu können“, so der 25-Jährige aus Kade bei Genthin. Sein Gesellenstück ist ein Raumteiler, ein relativ flacher. „Er soll weniger teilen, als vielmehr eine optische Grenze setzen“, sagt Markus Rolle, der sich sein praktisches Rüstzeug bei der Kiebitzberg-Gruppe in Havelberg geholt hat. Der Raumteiler aus Amerikanischem Nussbaum, der neben Fächern auch verschließbare Schubladen und eine Art Truhe enthält, bekommt seinen Platz im Elternhaus, wo auch Markus Rolle noch wohnt.

Die Gesellenstücke von insgesamt acht Prüflingen wurden am Sonnabend in Stendal abgenommen. Allesamt fanden sie das Wohlwollen der Prüfungskommission. Berufsschullehrer Joachim Friedrich, stellvertretender Vorsitzender der Prüfungskommission, berichtet von einer erfreulichen Tendenz: „Die Qualität der Arbeiten steigt.“

Das bestätigt Wolfgang Berndt aus Tangermünde. Der Obermeister der Tischlerinnung Stendal, die mit ihren 32 Betrieben – darunter sind 21 Ausbildungsbetriebe – die größte Innung ihrer Zunft in Sachsen-Anhalt ist, sagte zu den frisch gebackenen Gesellen: „Mit der Facharbeiterausbildung in Deutschland hat es etwas auf sich.“ Sie eröffne gute Chancen auf eine Arbeitsstelle, ermögliche aber auch Weiterbildung und Studium.

Während Berndt die Qualität der Ausbildungsabschlüsse mit einem lachenden Auge sieht, konstatiert er die Quantität mit einem weinenden. Vor zehn Jahren nämlich hätten noch 75 Lehrlinge in einem Jahrgang eine Tischlerausbildung – eingeschlossen auch überbetriebliche – absolviert. Die Abschlussklasse 2016 an der BBS I in Stendal umfasste lediglich 14 Azubis. Acht davon legten nun bei der Stendaler Innung ihre Gesellenstück vor, drei werden es in Salzwedel tun, drei wurden nicht für die Prüfung zugelassen.

„Die Arbeit eines Tischlers ist sehr vielfältig. Gerade in unserer Zeit. Das ist viel mehr, als nur den Hobel anzusetzen“, wirbt Berndt. Bei Interesse an Praktika und Ausbildung verweist er an die Kreishandwerkerschaft am Mönchskirchhof 7 in Stendal.

Marvin Willmer und Markus Rolle indes haben ihren Traumberuf bereits gefunden und sich darin schon bewiesen.