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Barrierefreiheit Es lauern noch viele Stolperfallen

Senioren und Menschen mit Behinderungen treffen im Alltag oft auf Hindernisse. Stendal hat beim Thema Barrierefreiheit viel Nachholbedarf.

Von Antonius Wollmann 29.04.2019, 01:01

Stendal l Der Termin steht zwar noch nicht, doch die Adolph-Menzel-Straße im Stendaler Stadtteil Stadtsee wird mit hoher Wahrscheinlichkeit in den kommenden Jahren komplett saniert. Die Fördermittel für die Planungen sind jedenfalls bewilligt. Maßgeblich bei der Neugestaltung wird das Thema Barrierefreiheit sein. Vor allem Menschen mit Behinderungen und Senioren sollen die neu gestaltete Straße dann pro­blemlos passieren können. Ohne Angst, wegen des schlechten Zustandes des Gehwegs zu stolpern oder mit ihrem Rollstuhl zu steile Rampen nehmen zu müssen.
Um im Vorfeld bereits zu testen, an welchen Stellschrauben unbedingt gedreht werden muss, hatte Stadtteilmanagerin Carolin Genz eine Idee: Mehrere kleine Teams begeben sich auf eine Tour im Stadtteil, um mögliche problematische Stellen zu identifizieren und Lösungsmöglichkeiten zu beraten.
„Die Idee habe ich in Halle kennengelernt und dachte, dass es sinnvoll wäre, so etwas in Stendal umzusetzen“, erklärt die Mitarbeiterin des Vereins Kinderstärken den Hintergrund. Zusammen mit Johanna Michelis vom Teilhabemanagement des Landkreises und dem Stendaler Thomas Rösicke konzipierte sie drei Routen, die am Sonnabendvormittag von gut 15 Teilnehmern abgelaufen wurden.
Kaum aus den Räumen des Stadtteilbüros an der AdolphMenzel-Straße heraus, fallen der ersten Gruppe die verrosteten Geländer entlang des angeschrägten Weges für Rollstuhlfahrer. Sich an ihnen festzuhalten, ist wenig einladend. Besonders schlecht schneidet aber eine Treppe ab, die zu einem Supermarkt herabführt. „Sie ist viel zu steil. Die Stufen sind unterschiedlich breit. Es war unglaublich schwierig, sie herabzusteigen“, fasst Annemarie Kock zusammen. Sie ist sehbehindert, nur langsam tastend und mit Unterstützung gelingt es ihr, die Herausforderung zu meistern.
Während des kurzen Spaziergangs fällt ihr außerdem auf: Es fehlen sogenannte taktile Elemente, also Orientierungshilfen für Menschen mit stark eingeschränkter Sehkraft. Beispielsweise, indem sich die Beschaffenheit des Gehweges ändert, um eine Stufe anzuzeigen. Teilnehmerin Martina Sturm merkt außerdem an: „Der Boden in der Straße ist voller Stolperfallen. Da muss dringend was gemacht werden.“ Zu diesem Urteil kommt die Gruppe auch in Hinblick auf die Beleuchtung. Teilweise sind die Leuchten zugewachsen, viel Licht spenden sie in der Dunkelheit nicht.
Von den Anwohners in anderer Hinsicht als hoch problematisch ausgemacht, sind die Büsche entlang der Ladenzeile. Hier sollen sich bei Tag und Nacht die Ratten tummeln. In unmittelbarer Nähe zu Lebensmittelgeschäften und der Ausgabestelle der Tafel.
Die Gruppe um Teilhabemanagerin Johanna Michelis stellt schon wenige Sekunden nach Beginn des Spaziergangs fest, dass der direkte Weg von der Ladenzeile zur August-Bebel-Straße für Menschen mit Handicap im Prinzip ein unüberwindbares Hindernis ist. Denn der führt nur über zahlreiche Treppen. Rollstuhlfahrer und Menschen mit Rollatoren müssen deshalb einen enormen Umweg in Kauf nehmen. Ein weiterer dicker Minuspunkt: Am Wochenende sind die Ampeln ausgeschaltet. Die Straße zu überqueren, wird ungleich gefährlicher. „Positiv ist uns aber aufgefallen, dass abgesenkte Bordsteine vorhanden sind“, berichtet Johanna Michelis. Jedoch nur auf einer Straßenseite.
An der wichtigen Straße Richtung Innenstadt ist aus barrierefreier Sicht auch nicht alles Gold, was glänzt. Besonders die Gehwege weisen aus Sicht der Teilnehmer der Begehung Defizite auf. Der Fahrradweg befindet sich ebenfalls nicht im Idealzustand. An einer Ampel funktionierte das Geräusch für Blinde nicht.
„Es war eine sehr sinnvolle Aktion. Auf dem Weg in die Barrierefreiheit in Stendal kann das ein erster Schritt sein“, fasste Martina Sturm die Stimmung unter den Teilnehmern zusammen. Gudrun Lützkendorf vom städtischen Bauamt schrieb jedenfalls fleißig mit und beteiligte sich rege an den Diskussionen, offenbar gewillt, die Vorschläge mit in die Verwaltung zu nehmen.
Carolin Genz zeigte sich besonders ob der Zusammensetzung der verschiedenen Gruppen zufrieden: „Sie waren divers besetzt. Direkt Betroffene konnten sich mit Nicht-Betroffenen austauschen. Vielleicht können wir es in ähnlicher Form woanders in Stendal wiederholen.“