Beifallsstürme, die ungehört bleiben
Stendal l Zehn Minuten vor einer Veranstaltung ist Sprachgewirr der übliche Geräuschteppich. Nicht so am Sonnabend um 19.20 Uhr im Festsaal des Schwarzen Adlers. Dort nehmen die Besucher einer Sommerparty ihre Plätze. Sie unterhalten sich, so wie alle anderen Partygänger es tun. Allerdings nicht mit ihren Mündern, sondern mit Gebärden. Der Altmärkische Gehörlosenverein hat zum Fest eingeladen. Und nur der Knall einer herunterfallenden Wandleuchte unterbricht die Stille. Doch das bleibt von den meisten unbemerkt, und die Vorfreude auf den Abend stört er überhaupt nicht.
Der entführt die Zuschauer zunächst in den Wilden Westen. Das Visuelle Theater Hamburg hat ein rund eineinhalbstündiges Programm zusammengestellt, das dem Hörenden vorkommt wie ein Film in einer Fremdsprache, den Gehörlosen im Saal aber große Freue bereitet. Und auch die drückt sich nicht laut aus. Das Zeichen für Applaus sind in die Luft gereckte Hände mit Drehbewegungen. Und die kommen ein ums andere Mal.
Laien geben sichganz wie Profis
Es ist eine leise, aber fröhliche Partygesellschaft. Für manche Teile der aus Schauspiel, Tanz und Zauberei bestehenden Show werden Zuschauer von den Hamburgern auf die Bühne geholt und ganz unkompliziert fügen sie sich ins Programm ein, so, als ob die das jeden Tag machen würden. Zum Mitmachen sind sie auch bei der Sambashow bereit. Obwohl sie die Klänge nicht hören können, lassen sie sich von den Tänzerinnen auf die Tanzfläche ziehen und schwingen die Hüften so wie die beiden. Die Musik geht ihnen förmlich vom Auge ins Bein.
Ruhige knisternde Stimmung hätte es wohl auch vor jedem anderen Publikum bei der erotischen Modenschau gegeben. Sprühsahne vom Arm des weiblichen Models abschlecken - ihr männliches Pendant mit Öl einschmieren - die Partygäste hatten ihren Spaß. Und so mancher ist wohl enttäuscht, dass es diese Feier nicht mehr geben wird.
Doch Vorsitzender Reiko Lühe hat gute Gründe. "Es sind im Sommer immer weniger gekommen", sagt er. Doch nach 25 Jahren Sommerparty ist mit dem Feiern trotzdem nicht Schluss. "Im nächsten Jahr wird der Verein 85 Jahre alt und das wird gefeiert", kündigt Lühe an, "aber im Februar oder im April."