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Bewährungsstrafe Cannabis-Samen im Vogelfutter?

Das Stendaler Landgericht hat einen sechsfach Vorbestraften wegen Cannabisanbaus zu einer vierjährigen Bewährungsstrafe verurteilt.

Von Wolfgang Biermann 21.12.2017, 23:01

Stendal l Aus einem Freispruch des Amtsgerichts Salzwedel wurde nach Einlegen der Berufung durch die Staatsanwaltschaft am Landgericht in Stendal für einen Westaltmärker eine Bewährungsstrafe wegen des Anbaus von Cannabispflanzen im Garten. Die Berufungskammer änderte in der Vorwoche das Urteil des Amtsgerichts Salzwedel vom April dieses Jahres ab.

Die Stendaler Richter setzten die nunmehr ausgeurteilte zehnmonatige Haftstrafe für den sechsfach vorbestraften 38-Jährigen, der zur Tatzeit wegen Drogenhandels unter Bewährung stand, für vier Jahre zur Bewährung aus. Das Landgericht ordnete zudem als Bewährungsauflage an, dass der Angeklagte 2000 Euro an den Opferschutzverein „Weißer Ring“ zahlen soll.

Am 14. November war der Angeklagte wegen Fahrens unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln, aber ohne Fahrerlaubnis, vom Amtsgericht in Stendal zu einer Geldstrafe in Höhe von 3500 Euro verurteilt worden. Er hatte das Urteil sofort angenommen. Die Polizei hatte den Familienvater, der einer geregelten Arbeit nachgeht, am 24. März 2017 bei einer Verkehrskontrolle in Steinfeld erwischt. Auch im März stand er unter Bewährung.

Zu der Tat, um die es am Landgericht ging: Am 24. August vorigen Jahres fand die Polizei im Garten des Angeklagten in einem Ortsteil von Gardelegen acht Cannabispflanzen mit einer Wuchshöhe bis zu 2,5 Meter vor. Der laut höchstrichterlicher Rechtsprechung festgelegte Grenzwert von 7,5 Gramm reinem Tetrahydrocannabinol zur „nichtgeringen Menge“ war bei den im Garten angebauten Pflanzen achtfach überschritten.

Laut Gerichtssprecher Michael Steenbuck gilt eine solche Tat im Regelfall als Verbrechen und ist mit einer Mindeststrafe von einem Jahr Gefängnis bedroht. Die Tat sahen aber sowohl Staatsanwaltschaft als auch das Landgericht als minderschweren Fall an, weil es zum einen nur wenige Pflanzen waren und zudem Cannabis nur eine „weiche Droge“ sei. Allerdings setzten die Richter die nunmehr ausgeurteilten zehn Monate Haft für eine ungewöhnlich lange Dauer, nämlich vier Jahre, zur Bewährung aus.

Der Angeklagte hatte sich vor dem Landgericht nicht eingelassen, vor dem Amtsgericht aber angegeben, dass er das Cannabis nicht ausgesät hätte. Möglicherweise hätte sich der Samen im Vogelfutter befunden, das seine Mutter im Garten ausgestreut hätte. Das aktuelle Urteil ist noch nicht rechtskräftig und Revision dagegen möglich. Inzwischen ist die Bewährungszeit aus einem Urteil von 2013 abgelaufen, die darin angedrohte Strafe von 17 Monaten Haft aber noch nicht erlassen worden.