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Brandstiftung Alibizeugen springen ab

Vor dem Schöffengericht begann ein verzwickter Prozess um mutmaßliche Brandstiftung.

Von Wolfgang Biermann 20.06.2019, 23:01

Stendal l Was anfangs nach einem ziemlich klaren Fall mit erdrückender Beweislage gegen den gerichtsbekannten Angeklagten aussah, kehrte sich im Verlauf des Prozessauftaktes ins Gegenteil um. Ein 28-jähriger Tangermünder ist angeklagt, am späten Abend des 17. Februar vorigen Jahres eine Garage im Konventsteig angezündet zu haben.

Die Garage, in der sich wohl kein Fahrzeug, unter anderem aber Autoreifen, Spielzeug und alte Zeitungen befunden haben sollen, brannte völlig aus. Die Anklage beziffert den Schaden auf zehntausend Euro.

„Ich habe damit nichts zu tun“, beteuerte der Angeklagte auf Befragen der Vorsitzenden Richterin Petra Ludwig. Sie sehe eine „überzeugende Beweislage“, sagte hingegen die Staatsanwältin.

Brandstiftung sei ein Verbrechen. Darauf stehe ein Jahr Gefängnis als Mindeststrafe. Wenn der Angeklagte gestehe, könne man vielleicht noch einmal über Bewährung nachdenken, baute sie dem 28-Jährigen die berühmte „goldene Brücke“.

Richterin Ludwig fügte an, dass sich auch seine Alibizeugen „abgemeldet“ hätten, weil sie offenbar nicht für ihn aussagen wollten. Schon im Ermittlungsverfahren hätten sie seine Angaben nicht bestätigt.

Der Angeklagte zog sich daraufhin zur Besprechung mit seiner Verteidigerin zurück. Am Ende blieb er aber dabei: „Ich habe den Brand nicht gelegt.“ Er sei zur Tatzeit bei seinen Eltern gewesen und hätte dort gefeiert. Danach sei er zu Fuß nach Hause gegangen.

Vor der Polizei hatte er allerdings eine andere Version abgeliefert. Demnach hätte ihn ein Kumpel nach der Feier nach Hause gefahren. An die Aussage vor der Polizei könne er sich nicht erinnern.

Der Hauptbelastungszeuge, Mieter der ausgebrannten Garage, mit dem der Angeklagte seit geraumer Zeit über Kreuz liegt, sagte aus, er könne sich überhaupt nicht an den Brandtag erinnern. Ein zweiter Zeuge gab an, dass er niemanden belasten wolle.

Der Garagenmieter wolle ihm Böses, weil er ihn einmal wegen nicht artgerechter Haltung von Schafen und Hunden beim Veterinäramt angeschwärzt hätte, vermutete der Angeklagte als Motiv für die angeblich falschen Anschuldigungen des Ex-Kumpels, die zur Anklage und schließlich zum Prozess geführt hatten. Dieser selbst hätte die Garage angezündet.

Klarheit soll nun im Fortsetzungstermin die nochmalige Anhörung des Brandermittlers der Polizei und die Aussage einer angeblichen Entlastungszeugin bringen. 2016 hatte die Volksstimme erstmals über den Angeklagten berichtet. Wegen Volksverhetzung auf seiner Facebook-Seite war er zu 1350 Euro Geldstrafe verurteilt worden.