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Wahlfälschung Die drei Versionen der Antje M.

Unternehmerin lieferte mehrere Erklärung, nach dem in Stendal erste Fälschung klar war - sie waren alle falsch.

22.02.2017, 23:01

Stendal l Neben dem Stendaler CDU-Kreischef Wolfgang Kühnel waren die meisten gekommen, um die Aussagen des Unternehmerpaares Antje und Wolfgang M. zu hören. Doch während Kühnel immerhin im Zeugenstand Platz nahm, um dann zu erklären, dass er eine Aussage verweigere, hatten Antje und Wolfgang M. dies dem Gericht kurzfristig vorab angezeigt.

Sie mussten daher gar nicht erst erscheinen – sehr zur Enttäuschung und zum Unverständnis des Publikums. Dieses war an diesem Tag so zahlreich erschienen, dass zunächst nicht alle Interessierten im Plenarsaal des Landgerichts Platz nehmen konnten.

„Dass man sich so einfach einer Aussage entziehen kann“, ärgerte sich eine Seniorin, die den Prozess stets verfolgt. Es fielen noch deutlichere Worte aus dem Zuschauerraum.

Antje M. kam an diesem Prozesstag dann aber doch zu Wort. Die Vorsitzende Richterin Simone Henze-von Staden las drei Schreiben vor, datiert zwischen dem 5. und 7. Juli 2014 – als durch die eidesstattliche Versicherung von Florian M. die erste Fälschung einer Briefwahl (Bevollmächtigter: Wolfgang M.) aufgeflogen war.

Binnen 48 Stunden lieferte Antje M. darin gleich drei Versionen. Zunächst hieß es in einer mit Antje und Wolfgang M. unterzeichneten Mail am 5. Juli an den damaligen Stadtwahlleiter Axel Kleelfedt, eine Mitarbeiterin habe zwei Florians verwechselt. Florian M. schrieb in einer Mail, dass Antje M. am gleichen Tag ihm erklärt habe, dass sich jemand an ihr habe rächen wollen und die Namen vertauscht habe.

Am 7. Juli hieß es schließlich in einem laut der Richterin von Antje und Wolfgang M. persönlich unterschriebenen Brief, es habe sich um einen Übermittlungsfehler der Daten des Florian M. mit denen eines Matthias M. gehandelt.

In der Verhandlung wurden die drei verschiedenen Versionen nicht weiter thematisiert. Die Faktenlage hatte längst eine Gemeinsamkeit ergeben – sie sind alle drei falsch.

Eine Mitarbeiterin, die damals an der Aktion beteiligt gewesen ist, soll am 8. März als Zeugin befragt werden. Da gegen sie – anders als bei Antje und Wolfgang M. – nicht als Beschuldigte ermittelt worden ist, wird sie vor Gericht auch aussagen müssen. Auch Ex-Stadtwahlleiter Axel Kleefeldt wird dann angehört.

Die einzige Zeugenvernehmung des gestrigen Tages verlief eher zähflüssig, brachte aber das Teilgeständnis von Holger Gebhardt weiter ins Wanken. Das Gericht vernahm einen Stendaler, der für Gebhardt bei der Wiederholung der Briefwahl im Oktober 2014 rund 30 Wahlbenachrichtungen einsammeln sollte. Gebhardt hatte ausgesagt, dass der 32-Jährige bereits bei der Stadtratswahl im Mai des Jahres helfen wollte, sich dann aber nicht gemeldet habe. Zum damaligen Zeitpunkt habe er jedoch keinen Kontakt mit ihm gehabt, widersprach der junge Mann Gebhardts Darstellung.

Dass er damals von der Polizei gestoppt und mit Wahlbetrug konfrontiert wurde, „kam für mich wie ein Schlag“, bekannte er: „Ich dachte, ich tue etwas Gutes.“

An viele Details konnte sich der junge Mann jedoch nicht mehr erinnern. So hielt ihm das Gericht Aussagen vor, wonach seiner Lebensgefährtin von Gebhardt ein Bildungsgutschein versprochen worden sei und es ein Treffen mit Hardy Peter Güssau geben sollte. „Ich weiß es nicht mehr“, sagte er. Beim nächsten Termin soll jetzt auch seine Freundin als Zeugin gehört werden.