Vor 40 Jahren brannte die Kirche St. Anna / Das Unglück hat die Ökumene in Stendal gestärkt Die Katastrophe brachte auch Gutes
Der 15. Februar 1973 ist ein Tag, der sich in das Gedächtnis der katholischen Gemeinde St. Anna im wahrsten Wortsinne eingebrannt hat. Vor 40 Jahren wurden der Dachstuhl und die Orgel durch ein Feuer zerstört. Die Katastrophe hat Stendals katholische und evangelische Christen einander nähergebracht.
Stendal l Wenn heute Abend die katholische Gemeinde St. Anna in einem ökumenischen Gottesdienst an die Brandnacht vom 15. Februar 1973 erinnert, werden auch die schauerlichen Bilder von der Feuersbrunst wieder wach. Einige Gemeindemitglieder haben diese Nacht selbst erlebt, andere werden auf Dias das Geschehen verbildlicht bekommen.
Das Feuer, entstanden durch eine überhitzte Heizröhre am Spieltisch der Orgel, zerstörte die Orgel und die darüberliegende 500 Jahre alte gotische Decke und kurz darauf auch den Dachstuhl. Immerhin, die kostbaren Stücke wie der gotische Flügelaltar, das St.-Annen-Patronale, das Kreuz, der Tabernakel und die Bronzeleuchter konnten unversehrt gerettet werden.
"Die Nachricht vom Feuer hat sich sofort verbreitet, wir waren alle geschockt", erinnert sich Karl Habendorf, der damals am Wiederaufbau beteiligt war. "Das Stadtbauamt gab die Baugenehmigung mit der Auflage, kein Material zu verlangen und nur mit Feierabendbrigaden zu arbeiten."
So war es dann auch: "Aus verschiedenen Betrieben wurden Bauleute zusammengewürfelt, die dann nach Feierabend gearbeitet haben", erzählt Herbert Guha, der den Bau ehrenamtlich geleitet hat. Das war vor allem insofern nicht leicht, als es kein Baumaterial gab. "Das ging nur über Devisen." Und so kam zum Beispiel das Holz für den Dachstuhl über verschlungene Wege schließlich aus Sibirien, das Kupferblech für die Dachrinnen "aus dem Westen", sagt Guha.
Eineinhalb Jahre dauerte der Wiederaufbau, bis der erste Gottesdienst wieder in St. Annen gefeiert werden konnte. Während dieser Zeit fand die katholische Gemeinde Unterschlupf in St. Petri. Der damalige Superintendent Haymo Alberts begrüßte die Katholiken am 17. Februar 1973 in St. Petri: "Die Gabe seiner Sakramente gibt Gott so gut wie in Sankt Annen auch in Sankt Peter. Es ist das gleiche Wort, das Ihr hier vernehmt. Ob nicht ein erster, aufschimmernder Sinn des grausigen Brandes darin aufleuchtet, dass ER uns wieder ein Stücklein näher zusammenführt?"
Die ökumenische Verbundenheit zwischen St. Anna und St. Petri hält bis heute an. "Jedes Jahr zu Ostern bringen wir eine Osterkerze in die evangelische Gemeinde, und als Zeichen der Verbundenheit bringen sie uns im Advent Hostien für die Heilige Messe", sagt Propst Michael Maria Schelenz. "Das sind Zeichen, die bis heute lebendig sind."
Und aus diesem Miteinander hat sich der Ökumenische Frauentreff entwickelt, den Karin Wacker-Paulsen ins Leben gerufen hat. "So wird Ökumene weiterhin gelebt", heißt es auf der Homepage der Stadtgemeinde.