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Diskussion Alt, jung und mangelnde Akzeptanz

Juso-Vorsitzender Kevin Kühnert war Mittelpunkt einer Diskussionsrunde in der Stendaler Fachhochschule.

Von Thomas Pusch 07.12.2018, 00:01

Stendal l Es war nicht das Audimax in Haus 3 der Hochschule, auch nicht die Aula in Haus 1. Ganz unprätentiös hatte SPD-Ortsvereinsvorsitzender Jacob Beuchel zur Podiumsdiskussion mit dem Juso-Bundesvorsitzenden Kevin Kühnert in Raum 1.11 in Haus 2 eingeladen. Darin fand sich eine Mischung aus jungen Studenten und älteren SPD-Mitgliedern. Und um das Treffen der Generationen sollte es auch in der Diskussion gehen, die sich der Frage stellte, wie junge Menschen motiviert werden können, sich politisch zu engagieren.

Kühnert beschrieb zunächst seinen eigenen Weg in die Politik und die Erfahrungen, die er wohl wegen seines jungen Alters gemacht hatte. So hatte die Jugendplattform von Spiegel Online, Bento, Kühnerts Auftritt bei Maybritt Illner analysiert. Unter der Überschrift „Wie Politiker mit Menschen unter 30 umgehen“ wurde bemerkt, dass Illner zweimal seinen Namen vergaß, oftmals über ihn geredet wurde, als wäre er gar nicht in der Runde und er schließlich von einem anderen Talkshowgast geduzt wurde. Ihm selber sei das gar nicht so aufgefallen. Letztlich hielt er es aber für wichtig genug, um es in die Diskussion zu bringen.

Im RTL-Frühstücksfernsehen wiederum seien zwei politische Fragen abgearbeitet worden, der Fokus dann aber auf Persönliches gerichtet worden, etwa ob er in einer Studenten-WG wohne oder wie er sich in Berlin fortbewege. „Ich frage mich, ob man so etwas auch einen Älteren gefragt hätte“, gab er in die nicht sehr große Runde.

Dabei habe er sein Alter nie in den Mittelpunkt stellen wollen. Mit 15 trat er in die SPD ein, war Schülersprecher, war also ziemlich früh ziemlich engagiert. „Kinder und Jugendliche sind an den sie betreffenden Entscheidungen in angemessener Form zu beteiligen“, heißt es in der UN-Kinderrechtskonvention. Da das Wählen aber frühestens erst mit 16 Jahren möglich ist, müsse es Beteiligungsmöglichkeiten auch außerhalb von Wahlen geben. Kühnert ist allerdings ohnehin der Meinung, dass das Wahlalter herabgesetzt werden sollte. Jedes Alter sei willkürlich gewählt und die Begründung der notwendigen Reife nur schwer zu halten. So könne man wohl dann auch Jüngere für Politik begeistern. Jung in der Politik, das bedeute in Deutschland zumeist jünger als 35 Jahre. Im Bundestag seien die Allerwenigsten unter 35 Jahre alt. Dabei gehe es ihm nicht darum, dass jünger besser oder schlechter sei, doch hätten Jüngere eben einen anderen Blick auf die Gesellschaft.

In der Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg sei er bei weitem nicht der Einzige unter 30 und da ist die Welt auch nicht untergegangen. „Auch wenn Herr Palmer etwas Anderes sagt“, spielte er schmunzelnd auf die Berlin-Kritik des Tübinger Oberbürgermeisters an.

Mit der digitalen Welt sei die junge Generation seit der Geburt vertraut, nannte er ein Beispiel für die Vorteile der Jüngeren. Die größere Identifikation mit Europa, das sie als geeint kennengelernt haben, war ein weiteres. Das mochte der Stendaler SPD-Stadtrat Herbert Wollmann nicht so stehenlassen. „Ich finde es nicht gut, wie Sie hier einen Generationskonklikt aufmachen“, kritisierte er.

Mit der digitalen Welt habe jeder, der noch berufstätig ist, zu tun, auch die Älteren. Und ob sich nicht die, die für ein geeintes Europa gekämpft haben mindestens genauso mit Europa identifizieren, sei zu hinterfragen. Kühnert wollte dies als Missverständnis erklärt wissen. Es sei ihm nicht darum gegangen, eine Generation gegen die andere auszuspielen. Von seinem 83-jährigen Großvater wisse er, wie gut auch Ältere mit der digitalen Welt umgehen können. „Alter darf und wird nie allein ein Kriterium sein“, betonte er.

Prof. Thomas Kliche hatte sich zu den Zuhörern gesellt, meinte, wenn es nicht gelinge junge Leute in die Politik zu bekommen, könne man in 15 Jahren das Licht ausmachen. So pessimistisch wollte Kühnert es nicht sehen. Allerdings gehe es schon darum, zu den politisch Verlassenen zurückzukehren. So der Titel einer Studie, die sich in Deutschland die Hochburgen der AfD ansah, in Frankreich die des Front National. In beiden Ländern sind es die Gegenden, in denen die Menschen sich abgehängt fühlen. „Wir müssen in die Bürgerarbeit in den ländlichen Regionen investieren“, forderte er.