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Drogenbesitz Der Freund wird zum Verhängnis

Für ihren Freund besorgte eine Stendalerin Drogen. Das hätte sie besser nicht gemacht.

Von Wolfgang Biermann 15.01.2020, 11:00

Stendal l Mit dem sinnbildlichen blauen Auge ist eine bislang nicht vorbestrafte Stendalerin jüngst am Ende des zweiten Verhandlungstages in einem Prozess um Erwerb und Besitz von Rauschgift davongekommen. Die 30-Jährige wurde wegen des Erwerbs von Betäubungsmitteln lediglich zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen à 30 Euro (450 Euro) verurteilt.

Laut Urteilsbegründung von Richter Rainer Mählenhoff sei das die geringst mögliche und durch Berufung nicht anfechtbare Strafe. Wie die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer und Richter Mählenhoff im Urteil sagten, müsse sie diese Strafe „stellvertretend für ihren Freund“ zahlen. Dieser sei der „eigentliche Übeltäter“.

Er sei der festen Überzeugung, dass die 30-Jährige „edel und gut“ nicht für sich selbst, sondern für ihren Freund des Nachts auf einem Discounter-Parkplatz in Seehausen von einem Dritten 100 Gramm Amphetamine für 300 Euro erwarb. Wobei sie die Übergabe nicht genau beobachten konnte, wie eine 21-jährige Zeugin aussagte, die sich in einem polizeilichen Zeugenschutzprogramm befindet.

Wie zu erfahren war, gab es ein Netz von Kleindealern und Abnehmern, die von der Polizei ermittelt und in anderen Verfahren schon abgeurteilt worden sind. Details dazu wurden in dem Prozess gegen die 30-Jährige nicht bekannt. Ein ebenfalls schon zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilter 21-Jähriger sagte aus, dass er seine Wohnung als „Lagerist“ für die Aufbewahrung und Verteilung der Drogen zur Verfügung gestellt hätte.

Ob und wenn ja, wer die von der Angeklagten erworbenen 100 Gramm Amphetamine „abgezweigt“ hätte, könne er nicht sagen, gab er an. Neben der Kaufaktion in Seehausen wurde der Angeklagten noch der Besitz von Rauschgift im Milligrammbereich vorgeworfen. Die waren bei einer Polizeirazzia am 11. Juni in ihrer Wohnung gefunden worden.

Doch sowohl die Verteidigerin als auch Staatsanwältin und Richter rechneten diese Drogen nicht ihr, sondern ihrem Freund zu. Der hatte im Prozess als Beschuldigter in einem noch nicht abgeschlossenem Verfahren von seinem Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch gemacht.

Dabei hatten sich die Angeklagte und ihre Verteidigerin eigentlich Entlastendes von ihm erhofft. Doch er blieb stumm und ließ seine angeklagte Freundin auflaufen. Die Verteidigerin sprach von einem „unglücklichen Verfahren“ für ihre Mandantin. Sie forderte gleichwohl aber Freispruch – sowohl für den Erwerb als auch für den Besitz von Drogen. Die Staatsanwältin hingegen sah den „angeklagten Sachverhalt als im Wesentlichen bestätigt“ an. Sie plädierte auf einen Geldstrafe von 60 Tagessätzen à 30 Euro (1800 Euro).