Serie "Gibt\'s das noch?": Alexander Jahn und Henning Klitsch lieben Hosenträger Ein Trend zum Schnippen
Schallplatte, Badekappe, Daumenkino und Bettsocken - gibt\'s das alles noch? Die Volksstimme spürt in einer Serie selten gewordenen Dingen nach. Heute: Hosenträger.
Stendal. Man(n) trägt wieder Hosenträger. So wie Alexander Jahn. Ein Typ wie aus einer anderen Zeit. Die Haare zu einer Tolle gegelt, die Hose sitzt locker, das Shirt ist dezent weiß. Eigentlich trägt er lieber Hemd, je nach Anlass. Umrahmt wird das Oberteil von zwei braunen Hosenträgern. Sie sind die Hauptattraktion des Outfits.
Viel Aufsehen um die Hosenträger
Ihr Träger, der 25-jährige Alexander Jahn, legt sehr viel Wert darauf, dass das Relikt aus den 80er Jahren richtig zur Geltung kommt. "Ich hatte tatsächlich erst die Hosenträger, das restliche Outfit wurde daran angepasst", sagt er und muss dabei selbst lachen. Dass er mal wegen seiner Hosenträger in die Zeitung kommt und darüber erzählen soll, findet er total witzig.
Angefangen habe alles vor knapp zwei Jahren. Damals war er in der Nähe von Berlin auf Shoppingtour mit seinem Kumpel Henning Klitsch. Dieser habe ihn quasi erst auf die Idee mit den Hosenträgern gebracht. "Wir waren damals in einem kleinen Laden. Der war nichts Besonderes, aber der Verkäufer trug Hosenträger", erzählt Klitsch. "Der Typ sah damit dermaßen cool aus, dass wir uns dachten: Die wollen wir auch. Und dann haben wir gesucht und gesucht, sind aber leider nicht fündig geworden", erzählt der 23-Jährige.
Ein Tipp des Verkäufers brachte die Jungs dann aber doch noch in eine kleine versteckte Boutique, wo es die ersehnten Accessoires zu kaufen gab. "Tja, und dann haben wir uns von der Verkäuferin gleich das passende Outfit für die Hosenträger zusammenstellen lassen. Und seitdem tragen wir das", erzählt Alexander Jahn. Meist an den Wochenenden, wenn sie ausgehen, kramt jeder sein Outfit vor. Großes Aufsehen erregen beide damit vor allem im Freundeskreis.
"Negative Erfahrungen haben wir damit aber nicht gemacht, im Gegenteil", sagt Klitsch. "Ich finde das cool, weil Hosenträger den Charme der goldenen 20er verbreitet. Und wenn man abends tanzen geht, verfängt sich ab und zu auch eine Frau darin."
Überhaupt würde an den Hosenträgern viel gefummelt, gezogen und geschnippt, erzählt Jahn. "Klar, irgendwer zieht immer am Gummi und lässt es zurückschnippen. Das ist okay. Damit muss man rechnen, wenn man etwas Auffälliges trägt. Aber es passiert auch, dass manch einer zu dolle zieht, dann rutschen die Klips von der Hose und springen demjenigen mit Schwung ins Gesicht. Ich muss zugeben, ich bin dann schon ein wenig schadenfroh."
Beruflich zieht der Physiotherapeut übrigens eher schlichte Dienstkleidung vor. Auch Henning Klitsch hebt sich den frechen Look eher für besondere Veranstaltungen auf, "wo es okay ist, wenn man auffällt. Wenn ich auf Arbeit bin, wäre das unangemessen", sagt der Verwaltungsfachangestellte.
Kein Modegag, eher ein Modetrend
Dass Hosenträger wieder in Mode sind, merkt auch Jana Rodius, Filialleiterin des Modeladens New Yorker: "Wir hatten sie eigentlich nicht im Repertoire. Doch seit diesem Frühjahr haben wir sie wieder in unseren Bestand aufgenommen."
Vor allem die Jugendlichen hätten seit einiger Zeit immer wieder danach gefragt. Die Jüngsten seien 13 Jahre alt, die in das Geschäft kämen und gezielt nach Hosenträgern fragen. Das "Stylish-Sein" gehe nämlich schon immer früher los, so Rodius. Klassische Varianten führen sie aber nicht, sondern immer mit "ausgefallenen Motiven", beispielsweise mit aufgedruckten bunten Schnurrbärten oder Quadraten.
Zwei Geschäfte weiter wurde der Hosenträgertrend auch schon wahrgenommen. "Einzelne führen wir derzeit nicht, aber ich schaue mich immer wieder auf Messen danach um", sagt Norman Görz, der mit seinem Bruder Michel gerade das Bekleidungsgeschäft "Mode Rebel" eröffnet hat. Ein bis zwei Jahre ist es her, dass sich der Trend allmählich bemerkbar gemacht habe.
Fernsehserie befördert die Nachfrage
Vor allem seit der Fernsehserie "Two and a half man" - der Hollywoodstar Ashton Cutcher spielt hier die Hauptrolle und Hosenträger sind quasi sein Markenzeichen - sei die Nachfrage enorm gestiegen. Es sei natürlich auch immer eine Frage des "Style", sagt Görz. Jemand, der Hip-Hop-Klamotten trägt, sei mit Hosenträger eher schlecht beraten, das passe einfach nicht. Görz zeigt die Varianten, die er in seinem Geschäft führt: "Diese hier kann man nicht einzeln kaufen, sie sind an Knöpfen mit der Jeans verbunden, beides gehört also zusammen." In Görz\' Geschäft wird man auf jeden Fall auch in Zukunft fündig werden, wenn man auf der Suche nach einer "Gürtelalternative" ist. Es sei zwar nur ein Randartikel, doch aus Erfahrung weiß Görz: "Der geht immer."
Einig sind sich Hennig Klitsch und Alexander Jahn darüber, dass sie den Trend auch weiterhin hofieren wollen. "Aber nur in der klassischen Variante", sagt Jahn. An der Hose herunterhängende Träger findet er uncool. "Auch die quietschbunten Smiley-Accessoires sind albern", findet Klitsch. "Es sollte schon einen gewissen Stil haben, sonst passt es nicht zu uns."