Gastronomie Die Maske fällt
Irritation um die Maskenpflicht für Gaststättenbesucher im Landkreis Stendal. Wer ist für den Alleingang verantwortlich?
Stendal l Die Maskenpflicht in der Corona-Krise führt zum Verdruss. Viele Bürger meiden deshalb einen Einkaufsbummel oder Gaststättenbesuch.
Letzteres war Thema auf der Kreistagssitzung in Stendal vergangene Woche. Hier schilderte der „Pro Altmark“-Fraktionsvorsitzende Nico Schulz seine Erlebnisse beim Gaststättenbesuch: Auf dem Weg zum Tisch Maske auf, am Tisch Maske ab, beim Gang zur Toilette und zum Bezahlen am Tresen wieder Maske auf. „Hat der Landkreis das so festgelegt?“ Der Osterburger richtete seine Frage direkt an Landrat Patrick Puhlmann (SPD). Dieser verneinte und verwies auf den Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga), der diese Regelung in einem Handlungsleitfaden für seine Mitglieder veröffentlicht habe.
Manfred Hippeli, Kreissprecher der Dehoga, zeigt sich überrascht, denn weder der Bundes- noch der Landesverband der Hoteliers und Gaststättenbetreiber habe solch eine Maskenpflicht für Gäste gefordert. Vielmehr sei auch der Havelberger Gastwirt davon ausgegangen, „dass dafür ganz allein das Gesundheitsamt des Landkreises verantwortlich ist“. Hippeli selbst habe „immer dagegen gewettert“. Für ihn stand nie in Abrede, dass das Personal eine Maske oder ein Visier trägt, „denn die Mitarbeiter müssen geschützt werden“.
Nun, mit der Aussage des Stendaler Landrats konfrontiert, fühle sich Dehoga-Kreisschef Hippeli bestärkt, dass die Gäste „die Maske ruhig fallen lassen dürfen“, zumal in der Corona-Verordnung des Landes „nirgends geschrieben steht, dass Gäste ein Maske tragen müssen“. Darauf weise er in seinem Restaurant ausdrücklich hin. „Es ist freiwillig, ob der Gast beim Platzieren, Gang zur Toilette oder beim Verlassen seinen Mundschutz aufsetzt.“
Warum sind aber einige Gastronomen im Landkreis Stendal nun doch strenger als Behörden es verlangen? Manfred Hippeli hat dafür eine Erklärung. Im Vorfeld der Gaststättenöffnung mussten die Betreiber ein Hygienekonzept für ihren Betrieb erstellen. Dieses musste bei vorzeitiger Öffnung in der Kreisverwaltung vorgelegt werden. Dem Dehoga-Kreischef und anderen Betreibern, die beim Gesundheitsamt Rat suchten, sei damals empfohlen worden, sich an den Corona-Regeln für den Einzelhandel zu orientieren.
„Weil Kunden den Laden nur mit Maske betreten dürfen, haben viele diese Pflicht in ihr Konzept aufgenommen“, sagt Hippeli und ergänzt: „Sie taten es aus Vorsicht, um nichts falsch zu machen, damit eine Öffnung nicht verzögert oder gar verhindert wird.“ Er selbst habe in sein Konzept anstatt einer Masken-Pflicht eine Masken-Empfehlung für Gäste aufgenommen.
Im Endeffekt, so Hippeli weiter, seien viele Gäste, vor allem Touristen, sehr verunsichert. Deshalb sei es zwingend notwendig, eine „wirkliche Pflicht“ ordnungsgemäß umzusetzen. Laut der 6. Eindämmungsverordnung von Sachsen-Anhalt hat der Hotel- und Gaststättenbetreiber die Pflicht, die coronabedingten Verhaltensregeln für Gäste sichtbar auszuhängen. Sei es per Piktogrammen oder Erklärungen im Eingangsbereich oder als Auslage auf dem Tisch.
Ob allein die Hinweise Maskenpflicht ja oder nein die Verunsicherung der Gäste schmälert, bezweifelt Michael Schmidt, Landespräsident der Dehoga. Der Dachverband hätte gern bundesweit einen Handlungsleitfaden durchgesetzt. „Doch als sich die Landesparlamente damit befassten, um ihre Corona-Verordnungen aufzustellen, ist nur noch ein Flickenteppich übrig geblieben“, sagt Schmidt. Dieser habe zur Folge, dass in den Nachbarländern andere „Spielregeln“ bei Restaurantbesuchen herrschen als in Sachsen-Anhalt. Man müsste sich theoretisch vorher erkundigen. „Doch wer will sich diesen Aufwand antun?“
Hoffnung, dass sich bundesweit einheitliche Regeln aufstellen lassen, habe Schmidt „so schnell nicht“. Dafür sei die Infektionslage zu „gravierend unterschiedlich“. Vielmehr müsse daran gearbeitet werden, dass die jeweiligen Regeln klar und deutlich kommuniziert werden. Das könnte einen Alleingang wie die Maskenpflicht bei Restaurantbesuchen im Landkreis Stendal ausschließen.
„Ich wünsche mir, dass in der 7. Verordnung des Landes nur noch die Verbote aufgeführt sind“, sagt der Dehoga-Präsident und erwarte mit Spannung die Verabschiedung dazu für Ende Juni.