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Gericht 100.000-Euro-Forderung an Eltern eines Toten

In einem Prozess am Stendaler Landgericht geht es um eine Schießerei in Tangermünde vor über fünf Jahren. Damals gab es auch einen Toten.

Von Wolfgang Biermann 22.11.2018, 00:00

Stendal l Vor der 3. Zivilkammer am Landgericht in Stendal geht es derzeit um eine Schießerei mit tragischem Ausgang in Tangermünde vor über fünfeinhalb Jahren. Im Dezember wird höchstwahrscheinlich nach mehrjähriger Verfahrensdauer ein Urteil in dem Prozess um Schmerzensgeld ergehen.

Am 24. März 2013 wurden unter strafrechtlich nie geklärten Umständen in der Kaiserstadt ein Mann getötet und ein anderer schwer verletzt. Die Staatsanwaltschaft gab Monate nach den Schüssen lediglich auf Nachfrage bekannt, dass es keine Hinweise auf Fremdverschulden geben würde. Die seinerzeit damit befasste Staatsanwältin bestätigte in dieser Woche im Gespräch mit der Volksstimme, dass die Polizei damals umfangreich ermittelt habe. Die genauen Umstände hätten aber nicht aufgeklärt werden können.

Vor Einzelrichter Christian Hachtmann will der zur Tatzeit 50-jährige schwer Verletzte ein Schmerzensgeld in Höhe von 100.000 Euro erstreiten. Dazu hat er die Eltern des Getöteten verklagt, die aber seiner Version vom Tathergang nicht folgen wollen.

Zu den Geschehnissen vom 24. März 2013, soweit sie der Öffentlichkeit bekannt sind und laut Gerichtssprecher Michael Steenbuck im Zivilprozess erläutert wurden: Zwei befreundete Ehepaare trafen sich demnach am Abend des 23. März, es war ein Samstag, in Tangermünde in der Mietwohnung des damals 34 Jahre alten und am nächsten Morgen tot aufgefundenen Mannes in einem Mehrfamilienhaus. Während die beiden Ehefrauen am späten Abend zum Tanz in die Diskothek gingen, blieben die beiden Männer zu Hause.

Ob geplant war, dass sie nachkommen, ist unklar. Und auch, ob von den Männern Alkohol konsumiert wurde. Als die beiden Frauen am frühen Morgen wieder nach Hause kamen, fanden sie den damals 50-Jährigen schwer verletzt vor. Sie alarmierten den Rettungsdienst.

Die Volksstimme schrieb dazu in der Ausgabe am 25. März 2013: „In dieser Situation hörten sie einen Schuss direkt in der Wohnung und fanden dort den 34-Jährigen. Er war tödlich getroffen.“ Übereinstimmenden Medienmeldungen zufolge war der 34-jährige ehemalige Zeitsoldat ein Waffenfan. Als Sportschütze besaß er laut Gerichtssprecher eine nicht genannte Anzahl an Schusswaffen, darunter wohl auch nicht angemeldete.

Mord, Selbstmord oder Unfall, in diese Richtungen ermittelte damals die Kripo. Letztlich gab es auf Nachfrage später nur die Nachricht, dass kein Fremdverschulden vorliege. Der schwer Verletzte war von einem Schuss aus einer „Langwaffe“ getroffen worden. Er wurde in eine Spezialklinik nach Berlin geflogen und dort behandelt. Er hatte eine Handverletzung und eine Verletzung am Oberkörper, die beide offenbar von einem einzigen Schuss herrührten. Möglicherweise hielt er die Hand bei der Schussabgabe schützend vor seinem Körper.

Während die Oberkörperverletzung wohl nahezu folgenlos verheilte, bereiten die Psyche und vor allem die Handverletzung dem Mann im Nachhinein große Probleme. Seine Erwerbstätigkeit gilt mutmaßlich als stark eingeschränkt. Laut Gerichtssprecher Steenbuck ziehen die Eltern als Beklagte „den Vorfall selbst und auch die Folgen“ in Zweifel.

Die vom Gericht bislang durchgeführte Beweisaufnahme sei sehr umfangreich. Demnach hat die Fachärztin für Rechtsmedizin Dr. Katja Jachau ein rechtsmedizinisches Gutachten erstattet. Der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Dr. Frank Wegener, erstellte ein psychiatrisches und Dr. Peter Fürnberg ein arbeitsmedizinisches Gutachten. Weitere Zeugen seien vernommen worden.

Am 11. Dezember 2018 will Richter Hachtmann nun einen Beschluss verkünden. Ob es ein Urteil sein wird, vermochte Gerichtssprecher Steenbuck nicht zu sagen. Wie die Volksstimme aus anderer Quelle erfuhr, sollen weitere Zivilklagen beim Landgericht in dieser Sache anhängig sein. So wollen anscheinend sowohl die Krankenkasse als auch die Rentenkasse als Sozialversicherungsträger von den Eltern des Getöteten die für die Behandlung des Klägers verauslagten Kosten erstattet bekommen.