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Gericht Wirrwarr um angeblichen Betrug

Wirrwarr gab es in einem Prozess am Stendaler Amtsgericht um Betrug. Letztlich wurde das Verfahren eingestellt.

Von Wolfgang Biermann 20.11.2018, 23:01

Stendal l Am Amtsgericht Stendal ging es jüngst um sogenannten Leistungsbetrug. Eine 28-jährige Mutter einer Tochter aus der Region Osterburg soll als „Vorstand der Bedarfsgemeinschaft“ das Jobcenter in Stendal nicht davon unterrichtet haben, dass ihr Mann im Juni 2017 eine neue Arbeit aufnahm. Dadurch kam es laut Anklage vom 6. bis 11. Juni 2017 zur Überzahlung von 310,61 Euro.

„Einigermaßen verworren, die ganze Sache.“ Ratlose Gesichter beim Richter und beim Staatsanwalt. Um das Ganze restlos aufzuklären, müssten weitere Zeugen aussagen und müsste das Gericht die komplette Leistungsakte der Angeklagten und ihrer Familie vom Jobcenter zur Einsicht erhalten und nicht nur ein Bruchstück davon.

Das stünde aber nicht im Verhältnis zum Schaden von 310 Euro. Deshalb schlug das Gericht eine Verfahrenseinstellung ohne Auflagen vor. „Damit kann ich leben“, hieß es vom Staatsanwalt. Und auch die Angeklagte stimmte zu. „Das ist wohl kein Freispruch, aber auch keine Verurteilung, das taucht in keinem Register auf“, erklärte der Richter der Angeklagten, die sich überhaupt keiner Schuld bewusst war.

Worum ging es? Der Ehemann gab als Zeuge an, dass er seit Jahren bei einer Wachschutzfirma im Brandenburgischen angestellt gewesen sei. Das hätte auch das Jobcenter gewusst. Arbeitsentgelt und Leistungen wären regelmäßig gegeneinander aufgerechnet worden. Im Juni 2017 bekam er von seinem Arbeitgeber den Auftrag, ein Festival in der Schweiz abzusichern. Vor Ort hätte man ihn einen „Arbeitnehmerüberlassungsvertrag“ unterschreiben lassen, „weil es ein neues Gesetz gebe“, so der 38-Jährige, der heute als Fernfahrer tätig ist. Demnach übernahm eine im Süddeutschen ansässige Firma beziehungsweise deren Tochterfirma seine Lohnkosten für die Dauer des knapp einwöchigen Festivals.

Ihm sei das nicht so bewusst gewesen, vor allem nicht die lohntechnischen Auswirkungen. Er hätte das für nebensächlich gehalten und seiner Frau daher auch nichts davon erzählt. Für ihn sei sein mehrjähriger brandenburgischer Arbeitgeber der Zahler seines Arbeitsentgelt gewesen. Es hätte auch nicht mehr Geld als in anderen Monaten gegeben. Er sei davon ausgegangen, dass Lohn und Leistungen wie gehabt vom Jobcenter gegeneinander aufgerechnet werden.

Um so erstaunter war die Ehefrau, als sie erst eine Vorladung zum Gespräch im Jobcenter sowie später eine Anzeige und dann auch noch eine Ladung als Angeklagte vor Gericht erhielt. „Ich weiß von nichts“, beteuerte sie.

Da auch der als Zeuge geladene Mitarbeiter des Jobcenters nichts zur Aufklärung des Sachverhalts beitragen konnte, kam es dann zur Einstellung des Verfahrens.