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Gerichtsurteil Brutale Schläger gehen in Berufung

Zwei Brüder versetzten während des Stendaler Rolandfestes 2018 Bürger in Angst und Schrecken. Gegen ihr Urteil legen sie Berufung ein.

Von Wolfgang Biermann 02.04.2020, 11:00

Stendal l  Erhöhte Sicherheitsvorkehrungen im Landgericht vor einem Prozess. Und das nicht nur, weil es das Coronavirus gibt. Den beiden, derzeit (noch) auf freiem Fuß befindlichen jungen Stendaler Angeklagten eilt der Ruf voraus, besonders gewalttätig und aggressiv zu sein. Sie sollen auf dem Stendaler Rolandfest im Jahr 2018 in einer Gruppe mit etwa zehn Beteiligten „gewaltbereit und marodierend durch die Stadt gezogen sein“ und „Bürger in Angst und Schrecken versetzt“ haben.

Sie hätten Schlägereien provoziert, Menschen verletzt und bedroht. In einem Urteil des Amtsgerichts heißt es weiter, dass ihretwegen sogar „Polizisten um die eigene Sicherheit fürchteten“. Drei Justizbedienstete unterziehen vor dem Sitzungssaal im Landgericht die Prozessbeteiligten, sofern sie nicht Staatsanwalt oder Anwalt sind, einer peniblen Kontrolle.

Indes ist nur einer der beiden Angeklagten als sogenannter Berufungsführer zum Prozess vor der Strafkammer 10 erschienen. Im Beisein seiner Verteidigerin zeigt sich der 25-Jährige friedlich. Sein ein Jahr jüngerer Bruder fehlt, wie schon zum eigentlichen Prozessauftakt am 27. Februar. Weil ihm unter seiner bekannten Stendaler Adresse die Ladung zum Prozess nicht zugestellt werden konnte und sein derzeitiger Aufenthaltsort nicht bekannt ist, hatte der Vorsitzende Richter Gundolf Rüge eine sogenannte öffentliche Zustellung veranlasst. Soll konkret heißen, am Aushang im Landgericht hing die Ladung 14 Tage aus, wie Richter Rüge beim Termin am 17. März erläuterte. Damit gelte die Ladung als bewirkt.

Da der 24-Jährige aber nicht anwesend war und auch sein Verteidiger angab, seinen Aufenthaltsort nicht zu kennen, war der Fall recht schnell gelöst. „Es treten die gesetzlichen Folgen in Kraft“, so Richter Rüge. Weil der Angeklagte unentschuldigt fehle, sei seine Berufung nach Abtrennung seines Verfahrens zu verwerfen. „Da gibt es keinen Ermessensspielraum.“ Damit ist das vom Amtsgericht am 7. Februar vorigen Jahres verhängte Urteil rechtskräftig, und der 24-Jährige muss für ein Jahr ins Gefängnis. Sein auf der Anklagebank verbliebener 25-jähriger Bruder macht der Zweitinstanz, wie auch schon vor dem Amtsgericht keine Angaben zu den Tatvorwürfen. Sein Strafregister weist bereits neun Einträge auf. Erst 2017 war er aus mehrjähriger Haft ent- lassen worden.

Im aktuellen Fall hatte ihn das Amtsgericht im Vorjahr wegen gefährlicher Körperverletzung, versuchter Nötigung und Sachbeschädigung zu 18 Monaten Gefängnis ohne Bewährung verurteilt. Dagegen legte er Berufung ein.

Die Verurteilung basiert laut von Richter Rüge verlesener Begründung vorwiegend auf der Aussage einer Frau, deren Freund in der Nacht auf den 2. Juni 2018 unter anderem eine Kopfplatzwunde, Prellungen, eine ausgekugelte Schulter und mehrere Knochenbrüche erlitt. Sie selbst war laut Amtsgerichtsurteil mit dem Tode bedroht worden: „Wenn Du mich anzeigst, bringe ich dich um.“

Obgleich Polizeibeamte dabei in der Nähe gestanden haben sollen, hätten sie nicht eingegriffen. Die Polizisten, „überwiegend junge Beamte“, seien mit der Lage „komplett überfordert“ gewesen und hätten „den Opfern keine Hilfe angedeihen lassen“, hieß es weiter im Amtsgerichts- urteil.

Die von der Verteidigung aufgebotenen Entlastungszeugen stufte die erste Instanz allesamt als unglaubwürdig ein. Problem bei der Berufungsverhandlung jetzt am Landgericht: Die Hauptbelastungszeugin fehlt gesundheits- bedingt.

Nach dem Auftakt mit zahlreichen Zeugen soll der Prozess im April mit zwei Terminen fortgesetzt werden.