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Prozess Gutachter soll nun Grundstückswert klären

Der Prozess um die Rechtmäßigkeit des Verkaufes des Areals im Norden Stendals nimmt Fahrt auf.

Von Wolfgang Biermann 09.04.2019, 16:38

Stendal l Der Prozess vor dem Landgericht Stendal um die Rechtmäßigkeit des Verkaufes eines 1,38 Hektar großen Areals im Norden der Rolandstadt nimmt Fahrt auf. Die Stadt hatte das Gelände im September 2018 an die Stendaler Firma Pui GbR veräußert, die dort Wohnhäuser im sogenannten Baugebiet „Zum Sonnenblick“ errichten möchte. Wie berichtet will die beim Kauf nicht zum Zuge gekommene Sewe Tief- und Rohrleitungsbau GmbH per Klage feststellen lassen, ob die Stadt mit dem Verkauf an den Konkurrenten gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen hat.

Am gestrigen Dienstag gab die 1. Zivilkammer nach der misslungenen Güteverhandlung am 8. März den Eintritt in die Beweisaufnahme bekannt. Der vom Gericht bestellte Magdeburger Gutachter Tankred Jänicke soll klären, ob der zwischen der Stadt Stendal und der Pui GbR vereinbarte Kaufpreis von rund 100.000 Euro weit unter dem Verkehrswert lag. Sewe hatte in der Klage gegen die Stadt bemängelt, dass unter Zugrundelegung eines Bodenrichtwertes von 50 Euro/Quadratmeter der Wert auf 696.600 Euro zu bemessen sei.

Basis des Gutachtens soll der Zustand am 3. September 2018 sein. Dazu soll sich der Sachverständige Jänicke auch mit dem von der Stadt im Vorfeld in Auftrag gegebenen Gutachten der Schönebecker Sachverständigen Monika Iden befassen. Sewe und Stadt wurden gestern vom Landgericht beauflagt, Fotos des Grundstücks zum Stichtag 3. September beizubringen. Die sollen den Zustand vor Beginn der Arbeiten durch Pui belegen.

Die Stadt muss ihr eigenes Gutachten sowie die Beschlüsse des Stadtrats vom 3. September und des Liegenschaftsausschusses vom 26. März 2018 bezüglich des Verkaufs herausrücken. Jänicke soll nicht nur den tatsächlichen Verkehrswert beziffern, sondern anhand des sachsen-anhaltischen Grundstücksmarktberichtes ermitteln, „welches die höchsten und die niedrigsten Preise waren, die für vergleichbare Grundstücke im Stadtgebiet bezahlt wurden“, verkündete Haide Sonnenberg, Vizepräsidentin des Landgerichts.

Sofern der Kaufpreis hiervon abweiche, soll das Gutachten klären, was es mit der Beschaffenheit der veräußerten Flächen konkret auf sich habe. Von Gründungsproblemen infolge einer Bodensenke und diesbezüglichen Auflagen des Landkreises ist nach Angaben der Stadt gegenüber dem Gericht die Rede. So müsse der Käufer allein etwa 280.000 Euro für Auffüllarbeiten aufwenden.

Einen neuen Prozesstermin gibt es noch nicht. Jetzt müsse das Gutachten abgewartet werden, dem würden Stellungnahmen der am Verfahren beteiligten Parteien erfolgen. Möglicherweise gebe es ein Nachgutachten.

Gerichtssprecherin Stefanie Hüttermann machte wenig Hoffnung auf eine schnelle Entscheidung: „Alles ist im Fluss.“ Eindeutig machte sie klar, dass am Ende des Verfahrens stehen könnte, dass der Kaufvertrag vom Gericht für nichtig erklärt wird: „Das ist die entscheidende Frage, ein unglücklicher Schwebezustand für Investitionen.“

Der im Saal 213 anwesende Sewe-Geschäftsführer Christian Röhl nahm den Beschluss des Landgerichts erfreut auf, auch wenn dieser für ihn nicht überraschend kam, wie er der Volksstimme sagte. Zu den von ihm erwarteten „Sachvorträgen“ der Stadt machte das Gericht gestern keine Ausführungen.

Für die Anlieger aus Thüringer- und Langobardenstraße nahm Andrè Rauschenbach an dem Gerichtstermin als Beobachter teil. Die Mehrzahl der Anwohner befürchtet demnach, dass mit dem neuen Wohngebiet der Durchgangsverkehr massiv in ihre dafür nicht ausgelegten Straßen einziehen könnte.