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Hausverbot-Streit Nachsitzen wegen Bürgerrauswurf

Der Stendaler Kreistag musste Beschlüsse vom März neu fassen. Es gab heftige Kritik von Helga Paschke (Linke).

Von Bernd-Volker Brahms 13.04.2019, 01:01

Stendal l Erst unter dem letzten Tagesordnungspunkt „Anfragen“ wurde es am Donnerstag im Kreistag interessant. Zuvor hatten die Kreistagsmitglieder in einem Rekordtempo ohne Diskussionen die komplette Tagesordnung heruntergerappelt. Gesprächsbedarf bestand nicht, da es sich um die Wiederholung der Kreistagssitzung vom 21. März handelte und alle Tagesordnungspunkt durchgearbeitet waren. Die Sitzung musste allerdings aus formalen Gründen wiederholte werden, da ein Bürger von der Sitzung im März ausgeschlossen worden war (die Volksstimme berichtete). Dieser hat ein Hausverbot im Landratsamt, hätte aber dennoch an der öffentlichen Sitzung teilnehmen dürfen. Ein Sicherheitsbediensteter hatte ihn jedoch des Hauses verwiesen.
Unter „Anfragen“ fuhr die Vorsitzende Helga Paschke der Fraktion Linke/Grüne schwere Geschütze gegen die Kreisverwaltung auf und kreidete dem Landrat Carsten Wulfänger (CDU) schwere Versäumnisse in der Sache an. „Wenn bei einem solchen Routinefall, wie einem Hausverbot, solche Stockfehler begangenen werden, da wird einem angst und bange, wie andere Sachen so laufen“, sagte Paschke.
Es sei eben nicht nur der Sicherheitsbedienstete gewesen, der etwas falsch verstanden habe, sagte die Linken-Politikerin. Vielmehr sei in dilettantischer Weise im November 2018 ein Hausverbot ausgesprochen und bereits im Januar von einem Verwaltungsgericht wieder kassiert worden. Sie halte es für richtig, dass die Beschlüsse des Kreistages nun wiederholt wurden. Aus ihrer Sicht hätte dies aber auch für die Beschlüsse der Dezember-Sitzung gemacht werden sollen. Dass dies nicht geschehe, könne noch zu „weitreichenden Folgen“ führen, sagte Paschke. Unter anderem stand seinerzeit die neue Müllgebührensatzung auf der Tagesordnung, die seit dem 1.?Januar in Kraft ist.
Landrat Wulfänger bemühte sich, gelassen auf die Vorwürfe zu reagieren, erlaubte sich aber dennoch einen Seitenhieb auf Helga Paschke: „Dass Sie ein anderes Rechtsverständnis haben, ist ja bekannt.“
Aus seiner Sicht habe Paschke die Situation nicht richtig dargestellt. Beim Hausverbot habe das Gericht nicht das Verbot an sich bemängelt, sondern nur den sofortigen Vollzug. Das Gericht habe moniert, dass der Bürger nicht zuvor angehört worden sei, bevor das Hausverbot ausgesprochen wurde.
Das Hausverbot habe Rechtskraft, werde jedoch bald wieder aufgehoben, sagte Wulfänger. Es seien keine Müllsäcke mehr am Landratsamt abgestellt worden. Somit entfalle der Grund für das Hausverbot, legte er dar. Er sehe keine Notwendigkeit, die Beschlüsse des Dezember-Kreistages zu wiederholen. Das Landesverwaltungsamt habe schriftlich mitgeteilt, dass die Beschlüsse formalrechtlich korrekt zustande gekommen seien.
Laut Helga Paschke habe das Landesverwaltungsamt die Prüfung allerdings nicht in voller Kenntnis der Zusammenhänge um das Hausverbot gemacht. Fakt sei, dass der betreffende Bürger bereits Anfang Dezember aus einer Sitzung des Ordnungsausschusses verwiesen wurde, so Paschke. Als dann wenig später die Kreistagssitzung stattfand, habe dieser nicht annehmen können, dass er dort zugelassen sei. „Das Schreiben, dass er die Sitzungen besuchen darf, hat er erst nach dem Termin erhalten“, sagte Paschke. Sie beschwerte sich in dem Zusammenhang darüber, dass die Kreistagsmitglieder nicht genügend informiert worden seien. Nach den Vorfällen im Dezember habe es eine Abfrage gegeben, wie die Fraktionen die Situation beurteilen. „Wir haben eine Stellungnahme abgegeben und danach nichts mehr gehört“, so Paschke.
Im Übrigen war der Stendaler Bürger, wegen dessen Rauswurf die Sitzung wiederholt werden musste, am Donnerstag nicht dabei – diesmal wohl freiwillig.