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Herbert und Astrid Lingnau: Kleingärtner seit mehr als drei Jahrzehnten am Stendaler Stadtrand In jeder freien Minute Urlaub im Grünen

Von Egmar Gebert 09.06.2012, 05:20

Die Gartenvereine im Landkreis sind wahre Schmuckstücke. Das ist auch dem Fleiß der rund 3000 Mitglieder des Kreisverbandes der Gartenfreunde zu verdanken. Im Rahmen des Wettbewerbs um den schönsten Gartenverein stellen wir einige von ihnen stellvertretend vor, zum Beispiel Herbert und Astrid Lingnau.

Stendal l Es sind nur wenige Meter vom Tor der Kleingarten-Vereinsanlage "Hoher Kranz" bis zur Parzelle von Herbert und Astrid Lingnau. Auf 512 Quadratmetern kleingärtnern die beiden, und das schon seit mehr als 30 Jahren. Seit 1979, um genau zu sein.

Damals zog die Familie von Kalbe/Milde nach Stendal. Auch dort wieder einen Garten beackern zu können, war Herberts Wunsch, und Astrids Bedingung für ihr Ja zum Umzug. Am südlichen Stadtrand sollte er in Erfüllung gehen.

Die Tatsache, dass es sich tatsächlich eher um einen verwilderten Acker als um einen Garten handelte, schreckte Herbert Lingnau nicht ab. Im Gegenteil. Nachdem sich gut zwei Jahre niemand um die Parzelle gekümmert hatte, kostete es ihn vier Sommerwochen, um den "Acker" wieder urbar zu machen.

"Im Herbst 1979 habe ich die ersten Obstbäume gepflanzt. Vier davon stehen heute noch", sagt der Kleingärtner und weist mit der Hand in die Richtung, in der sie zu finden sind. Wobei der Gast schon den Hals recken muss, um sie zu entdecken, sitzt er doch mit seinem Kleingarten-Gastgeber auf einer von begrüntem Spalier umgebenen Terrasse im hinteren Teil des Gartens. Der ist Stauden und Sträuchern vorbehalten, deren Blütenpracht herrlich duftet. Das Zwitschern der Vögel, die in fast einem Dutzend Nistkästen des Lingnauschen Gartens Quartier bezogen haben, macht die Illusion vom Urlaub mitten in der Natur perfekt. Für Astrid und Herbert Lingnau ist das von Frühling bis Herbst Realität. An nahezu jedem Tag, an dem das möglich ist, sind sie hier draußen. Pflanzen, jäten, pflegen und sich an dem freuen, was wächst und zu gegebener Zeit zu ernten ist. Mit dem Geschmack von Obst, Gemüse und Kräutern aus dem eigenen Garten kann ohnehin kein Supermarkteinkauf mithalten. Mal ganz abgesehen vom Drumherum, sprich den Blumen, die Astrid Lingnaus Revier sind, dem Gartenteich, den Herbert Lingnau einst eigenhändig aushob, wie er auch die Laube und das Gewächshaus selbst gebaut hat. "Ich kann zwar nicht alles, aber dafür hat\'s gereicht", sagt der Mann schmunzelnd, der sich aufs Handwerkern ebenso zu verstehen scheint wie aufs Gärtnern.

Was man seinem Garten nicht ansieht, aber ebenso wie dieses Hobby zu Herbert Lingnau gehört, ist das Engagement für den Verein. 28 Jahre arbeitete er im Vorstand des Kleingartenvereins "Hoher Kranz" mit, der ihn dafür zum bislang einzigen "Ehrenmitglied" des Vereins machte. Herbert Lingnau winkt ab, als Vereinsvorsitzender Bernd Zimmermann die Sprache darauf bringt. Hätte ihm das keinen Spaß gemacht, hätte er das auch nicht getan, ist Lingnaus einleuchtende Begründung für seine Vorstandsarbeit.

Dass er wie seine Frau jemals den Spaß am Garten verlieren könnten, diesen unsinnigen Gedanken weisen die beiden weit von sich. So ein Kleingarten sei eine Freude, die sie gern auch jedem anderen gönnen würden, versichern sie. Einen Garten anzulegen, zu gestalten und zu bewirtschaften, könnten sie jedermann empfehlen. Nicht nur weil es fit hält, wofür der 71-jährige Herbert Lingnau der beste Beweis ist, sondern: "Man lernt die Natur kennen, lernt sie verstehen und mit ihr umzugehen", sagt Herbert Lingnau. So gesehen forme das Kleingärtnern auch ein bisschen den Charakter. Allerdings steht vorm Ernten noch immer das Säen, soll heißen: Über die Arbeit, die man in dieses Hobby investieren muss, sollte sich jeder, der mit dem kleingärtnern liebäugelt, im Klaren sein. "Da gibt es an jedem Tag was zu tun. Wer einen Garten übernimmt, und dann nur zum Grillen drin sitzen will, der sollte lieber die Finger davon lassen", rät Hobbygärtner Herbert Lingnau.