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Jungunternehmerin Gründerin wird selbst zur Marke

Die 27-jährige Iris Herting aus dem altmärkischen Beetzendorf hat vor drei Jahren eine Firma gegründet und vermarktet sich seither selbst.

Von Tim Kühne 03.01.2018, 23:01

Beetzendorf l Es ist wahrscheinlich eine der drängendsten Fragen, die jeden Gründer umtreibt: Wie mache ich mein junges Unternehmen bekannt? Und wie schaffe ich genug Vertrauen bei potenziellen Kunden, damit diese meine Produkte kaufen oder meine Dienstleistungen in Anspruch nehmen? Klassische Werbung ist ein möglicher Weg. Gerade in Nischenmärkten kann es jedoch auch sehr erfolgversprechend sein, statt der Firma die Gründerperson zu einer Marke zu entwickeln – so dass deren Image auf das Unternehmen abstrahlt. Ein Weg, den auch Iris Herting aus Beetzendorf gegangen ist. Wenn auch anfangs ein bisschen aus Versehen.

Gemeinsam mit den beiden Gesellschaftern Dirk Stehr und Ines Fahrenkamp baute die heute 27-jährige Altmärkerin seit 2015 die Firma Vitasprosse auf, die sich mittlerweile zu einer festen Größe auf dem Markt für Natur- und Vitalkost entwickeln konnte. Darüber hinaus unterstützt Iris Herting als freie Ernährungsberaterin Menschen dabei, durch ein bewusstes Essverhalten zu mehr Gesundheit und Wohlbefinden zu gelangen. „Gerade Menschen, die sich roh-vegan ernähren, sind sehr gut informiert und dementsprechend kritisch“, beschreibt Herting, „darum braucht es ein großes Maß an Glaubwürdigkeit, um auf diesem Markt erfolgreich zu sein. Die Kunden müssen sich sicher sein können, dass die verantwortlichen Gründer genau wissen, was sie tun – und dass sie absolut dahinterstehen.“

Um ihr Wissen an die potenziellen Kunden zu bringen, wagte sich die studierte Ökotrophologin und Ernährungswissenschaftlerin ins Rampenlicht. Auf unzähligen Messen, Märkten und Veranstaltungen präsentierte sie nicht nur die Produkte von Vitasprosse an einem Stand, sondern hielt zusätzlich informative Vorträge zu Ernährungsthemen auf der großen Bühne. Die frische und undogmatische Art, mit der Iris Herting ihre Herzensthemen präsentierte, kam an. Sie wurde bald zu einer gefragten Referentin – nicht nur in der Rohköstler-Szene. Einige Veranstalter stellten ihre Vorträge sogar ins Internet. Und je bekannter ihr Name wurde, desto mehr Besucher steuerten ganz gezielt die Wortbeiträge der gebürtigen Beetzendorferin an.

Wenn sich die Verantwortlichen bei Vitasprosse auch der entscheidenden Bedeutung von Glaubwürdigkeit in ihrer Branche bewusst waren, eine ausgefeilte Marketingstrategie für das sogenannte „Personal Branding“ – also die Entwicklung einer Gründerperson zur Marke – stand nicht dahinter. „Ich esse selbst so, wie ich es empfehle. Und das schon seitdem ich ein Teenager war. Deshalb geht es mir eben nicht in erster Linie darum, unsere Produkte zu verkaufen, sondern die Menschen für die Vorteile einer bewussten Ernährung zu begeistern. Und das spüren die Leute“, ist sich Iris Herting sicher. So wurde sie nach und nach zum Aushängeschild ihres jungen Unternehmens. Weil die Kunden ihr als Entwicklerin hinter den Vitasprosse-Produkten vertrauen, vertrauen sie auch der Firma. Für die Zukunft denkt das Beetzendorfer Start-up darüber nach, vielleicht auch soziale Medien einzusetzen, um noch mehr Menschen auf diese Weise zu überzeugen.

Wer sich in die Öffentlichkeit begibt, macht sich aber natürlich auch angreifbar. Auch Iris Herting wird bei ihren Vorträgen manches Mal mit Skepsis und Kritik konfrontiert. „Ich gehe damit immer ganz locker und entspannt um“, berichtet sie, „Wenn ich merke, dass ich bei jemandem mit Argumenten nicht viel erreiche, kann ein charmanter Spruch eine solche Situation meist am besten lösen.“

Sie sei aber auch schon ziemlich abgehärtet, verrät die Veganerin. In ihrer Jugend wurde sie aufgrund ihrer eigenen Ernährungsweise mit mehr Ablehnung konfrontiert als jetzt bei ihren öffentlichen Auftritten. Dass sie sich selbst nicht zu ernst nimmt und den Menschen auch kleine Sünden zugesteht, trägt mit dazu bei, dass sie bei vielen so gut ankommt. Was für Iris Hertings Weg zur Personenmarke gilt, lässt sich auch auf ihren gesamten Werdegang als Unternehmerin übertragen: Ihre Entscheidungen traf sie immer bedacht, aber nicht verbissen. Und gab den Dingen Zeit, sich zu entwickeln.

Nach dem Studium standen ihr in der Nahrungsmittelindustrie viele Türen offen, doch die begeisterte Altmärkerin wollte lieber ihren Überzeugungen folgen. Ein Existenzgründerkurs im Innovations- und Gründerzentrum (IGZ) in Salzwedel gab ihr Gelegenheit, die Option Selbstständigkeit sorgfältig zu durchdenken. „Ich wollte es wenigstens probieren“, sagt sie heute.

Wie schon ihre Mutter ließ sie sich als Ernährungsberaterin nieder. Es dauerte schon eine Weile, bis sich das Geschäft entwickelt hatte, doch das Wagnis ging auf. Dann ergab sich plötzlich die Möglichkeit, mit Vitasprosse ein Lebensmittelunternehmen mit aufzubauen, das ganz ihren Überzeugungen entspricht. Und so rät die Jungunternehmerin auch anderen Gründern vor allem eines: „Kenne dich selbst, sei dir bewusst, was du kannst und was nicht – und was du wirklich willst.“