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Kein Antragsteller Kunerts Stinkefinger bleibt folgenlos

Der Stinkefinger, den die Linke-Bundestagsabgeordnete während einer Demo gezeigt hat, hat keine juristischen Folgen.

Von Wolfgang Biermann 24.08.2016, 01:00

Stendal l Am 25. Oktober vorigen Jahres hat Bundestagsmitglied Katrin Kunert (Die Linke) in Stendal am Rande der „Herz statt Hetze“-Demo als Pendant zur Demonstration der „Bürgerbewegung Altmark“ am Sperlingsberg öffentlichkeitswirksam den ausgestreckten Mittelfinger erhoben. Sie ist dabei fotografiert worden, das Bild machte die Runde in den sozialen Medien.

Dabei befindet sie sich in illustrer Gesellschaft. Auch Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) hat in der Vorwoche nach Provokationen von rechten Pöblern, so heißt es zumindest in den Medien, den sogenannten Stinkefinger gezeigt, wie es im Internet auf YouTube zu sehen ist.

Obwohl diese Geste nach regelmäßiger Rechtsprechung der Gerichte auch für Kunert den Straftatbestand der Beleidigung nach Paragraf 185 Strafgesetzbuch erfüllen dürfte, wird sie für Gabriels Kollegin folgenlos bleiben. Das erfuhr die Volksstimme auf Nachfrage von der Staatsanwaltschaft Stendal.

„Beleidigung ist kein Offizialdelikt, sondern ein Antragsdelikt und wird daher nicht von Amts wegen verfolgt. Es fehlt ein verfolgbarer Anfangsverdacht“, sagte Behördensprecher Thomas Kramer. In diesem konkreten Fall mangele es an einem „Antragsberechtigten“, im Strafgesetzbuch werde er unter Paragraf 77 der Verletzte genannt. Und dieser müsse innerhalb einer Frist von drei Monaten Strafantrag stellen.

Wohl habe im März der Ex-Liberale Arno Bausemer (jetzt AfD) Strafantrag gegen Kunert gestellt. Beide gesetzlichen Voraussetzungen seien aber nicht erfüllt. Zum einen sei Bausemer nicht Verletzter und somit nicht antragsberechtigt. Und zum anderen sei die Frist für die Antragstellung bei weitem überschritten. „Ich bin einfach so emotional, und Leute, die mich kennen, wissen das richtig einzuordnen“, hatte Kunert auf Nachfrage der Volksstimme im Oktober zum Thema Stinkefinger gesagt.

Anders sieht es jedoch in einer zweiten Sache für Kunert aus. Hier werde laut Staatsanwaltschaft gegen sie ermittelt. Am Rande eines Demonstrationszuges der Partei „Die Rechte“ am 23. Januar hatten sich Katrin Kunert und die Hochschulprofessorin Nicola Wolf-Kühn auf die Stendaler Stadtseeallee gesetzt und damit dem Demonstrationszug den Weg versperrt. Bereitschaftspolizisten trugen die beiden Frauen von der Straße.

Einer der beteiligten Beamten erstattete Strafanzeige gegen Kunert wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und Körperverletzung, weil sie sich widersetzt und ihn getreten haben soll.

Der Bundestagspräsident hatte wie berichtet auf Antrag der Staatsanwaltschaft die Immunität von Kunert aufgehoben, sodass gegen sie ermittelt werden darf. Über den Stand der Ermittlungen könne er derzeit keine Auskunft geben, sagte Behördensprecher Kramer wie schon zuvor Ende Mai. Gleiches gelte für die Ermittlungen gegen den Polizeibeamten. Denn die Bundestagsabgeordnete hatte ihrerseits den Polizisten wegen Körperverletzung angezeigt. Das sei schlechter Stil, heißt es dazu in Juristenkreisen.