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Kommunalwahl 14 Stunden zählen in Stendal

Warum die Arbeit in einem Stendal Wahllokal am Sonntag bis in die Morgenstunden dauerte?

Von Bernd-Volker Brahms 29.05.2019, 10:25

Stendal l Was ist schiefgelaufen in Stendal im Wahllokal in der Diesterwegschule? Dort hatten sich den ganzen Wahlsonntag über lange Warteschlangen gebildet. Oft mussten Wähler bis zu einer Stunde warten, um ihre Stimmen abgeben zu können.

„Mit dem Andrang haben wir nicht gerechnet“, sagt Stadtwahlleiter Philipp Krüger. Auch in anderen Wahllokalen bildeten sich Warteschlangen. In der Diesterwegschule orderte Wahlvorsteherin Petra Geißler noch am Vormittag eine zusätzliche Wahlkabine. Zum Glück lagerten im Depot noch einige alte Wahlkabinen, nachdem die Verwaltung für die Kommunalwahl ganz neue Kabinen für alle 36 Wahllokale angeschafft hatte.

„Bei früheren Wahlen habe ich Ähnliches auch schon erlebt“, sagte Petra Geißler. Seit 1990 ist die Mitarbeiterin der Stadtverwaltung regelmäßig als Wahlhelferin dabei. Mit 45,64 Prozent Wahlbeteiligung lag das Wahllokal 7 allerdings noch unter dem Schnitt – 844 von 1849 Wahlberechtigten gaben ihre Stimmen ab.

Ein Teil des Problems war nach Ansicht von Stadtwahlleiter Krüger, dass es neben der Kommunalwahl auch noch die Europawahl mit einem äußerst langen Wahlzettel gab. Teilweise beschäftigten sich die Wähler in der Wahlkabine mehr als zehn Minuten damit. „Wir können aber keinem vorschreiben, dass er schneller machen soll“, sagt Krüger.

Man müsse in Ruhe auswerten, ob man die Wahlbezirke künftig verkleinert oder noch mehr Wahlkabinen aufstellt, so der Stadtwahlleiter. Beides habe aber Grenzen und hänge nicht unwesentlich mit der Zahl der zur Verfügung stehenden Helfer zusammen. In der Diesterwegschule konnte am Sonntag die letzte Wählerin erst um 19.04 Uhr den Wahlschein in die Urne werfen.

Das Team von Petra Geißler hatte noch alle Wähler berücksichtigt, die bis 18 Uhr zum Wahllokal gekommen waren. An für sich besagt das Gesetz, dass in einem solchen Fall, die noch Wahlwilligen in den Wahlraum geholt werden. „Das war aber definitiv nicht möglich“, so Stadtwahlleiter Krüger. Das Gesetz lasse aber einen Interpretationsspielraum. Es müsse am Ende sichergestellt sein, dass nicht nach 18 Uhr noch jemand dazu stößt und wählt. „Die Kollegen haben alles richtig gemacht“, sagt Krüger. Auch die Landeswahlleiterin hatte der Volksstimme bestätigt, dass das Vorgehen den Vorschriften entsprach. Im thüringischen Jena, wo auch Kommunalwahlen waren, gab es dagegen Ärger, da in einer ähnlichen Situation die Wahlwilligen, die bis 18 Uhr nicht gewählt hatten, nach Hause geschickt worden waren.

Für Petra Geißler und ihre sieben Mitstreiter ging es nach Schließung des Wahllokals am Sonntag erst richtig los. Nach einer viertelstündigen Pause begann um 19.20 Uhr der Zählmarathon, der am Ende rund 14 Stunden dauern sollte. Erst um 9.10 Uhr am Montag lag das Ergebnis offiziell vor.

Aber warum konnte das Team nicht ausgewechselt werden? „Das lässt das Gesetz nicht zu“, so Wahlleiter Krüger. Der einmal eingesetzte Wahlvorstand muss die Sache zu Ende bringen. Eine längere Pause wäre theoretisch drin gewesen, sagt Krüger, jedoch sei auch vom Kreiswahlleiter zur Eile aufgefordert worden, da das Ergebnis zur Europawahl noch weitergemeldet werden musste. Auch im Briefwahlbereich III hing die Zählung bis zum Morgen.

Der Stundenlohn war für die Helfer am Ende richtig mies. Nach mehr als 25 Stunden akribischer Arbeit erhält Petra Geißler als Wahlvorsteherin eine Entschädigung von 85 Euro, die sieben Helfer bekommen jeweils 75 Euro. Das sind gerade einmal drei Euro pro Stunde.

„Wir werden uns noch ein kleines zusätzliches Dankeschön überlegen“, kündigte Krüger an.