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Theater der Altmark Komödie in Stendal uraufgeführt: Der Weihnachtsmann nach EU-Norm

Das Weihnachtsstück „Das Santa-Seminar“ von Stephan Eckel ist am Theater der Altmark in Stendal uraufgeführt worden. Schon vor der Premiere waren alle Vorstellungen ausverkauft.

Von Donald Lyko 21.11.2023, 09:20
„Das Santa-Seminar“ am Stendaler Theater: Schulungsleiter Maximilian Geißler (Paul Worms, 2. von rechts) hat seine liebe Not mit den streitlustigen Schulungsteilnehmern Sylvia Richter (Kerstin Slawek), Charly Frank (Jules Armana, links) und Uwe Kerkhoff (Hannes Liebmann).
„Das Santa-Seminar“ am Stendaler Theater: Schulungsleiter Maximilian Geißler (Paul Worms, 2. von rechts) hat seine liebe Not mit den streitlustigen Schulungsteilnehmern Sylvia Richter (Kerstin Slawek), Charly Frank (Jules Armana, links) und Uwe Kerkhoff (Hannes Liebmann). Foto: Matthias Piekacz

Stendal - Wenn der Weihnachtsmann kommt, dann mit klarer Mission: Wünsche erfüllen. Für „Das Santa-Seminar“ war schon vor der Premiere Bescherung: Alle Vorstellungen im Kleinen Haus des Theaters der Altmark in Stendal sind ausverkauft.

Gründe dafür lassen sich einige aufzählen: Weil Stephan Eckel als Theaterautor nicht nur am Stendaler Haus einen sehr guten Ruf genießt. Weil das Stück in Stendal seine Uraufführung erlebt hat. Weil die TdA-Weihnachtsinszenierung in jeder Spielzeit zu den gefragtesten Stücken gehört. Weil Humor immer geht. Weil Jürg Schlachter als Regisseur das altmärkische Publikum sicher auf seiner Seite hat...

Ganz anders als Arbeitsagentur-Mitarbeiter Maximilian Geißler (gespielt von Paul Worms), der mit seinen Schulungsteilnehmern nicht so richtig warm wird. Mit einer eingeschworenen Gemeinschaft, die Jahr für Jahr am Weihnachtsmann-Seminar teilnimmt. Allerdings immer bei Frau Müller. Die ist weg, jetzt hat Herr Geißler das Sagen. Und das heißt: EU-Norm versus eigene Persönlichkeit im roten Mantel, Paragrafenreiterei versus Kreativität, Beamter versus „ein Mensch wie du und ich“.

In diesem Spannungsfeld wirft Autor Stephan Eckel mit seinem für das Stendaler Theater geschriebenen Stück „Das Santa-Seminar“ einen kritisch-komödiantischen Blick auf die Weihnachtsindustrie, auf das Zuviel an Weihnachtsmännern, an Licht, an Geschenkewahn, an jährlich neuen Kugel-Farbtrends...

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Das Stück spielt mitten im Sommer in einem Seminarraum der Arbeitsagentur. Die Tristesse solcher Räume fängt Ausstattungsleiter Marc Späth mit minimalem Bühnenbild ein: ein paar Stühle, Flipchart, Tisch, Kleiderständer mit Weihnachtsmann-Kostümen, ein Christbaum, eingefasst von den nackten Wänden der Bühne.

Dennoch geht es alles andere als trist zu, wenn die gestandenen Weihnachtsmänner und eine Weihnachtsfrau so richtig loslegen – und den Spieß umdrehen. Am Ende sind sie es, die dem Musterbeamten die Lektionen erteilen: Rentner Uwe Kerkhoff (Hannes Liebmann), der zur Bescherung seinen Rottweiler „Knecht Ruprecht“ mitnimmt, eher auf die aufbrausend-ruppige Art; Sylvia Richter (Kerstin Slawek), alleinerziehende Mutter von vier Kindern und Chefdekorateurin in einem Kaufhaus, etwas diplomatischer, um Harmonie bemüht.

Experten im roten Mantel setzen dem Beanten ordentlich zu

Und dann ist da noch Charly Frank (Jules Armana), ein junger Mann mit autistischen Zügen, der im betreuten Wohnen lebt und nur schwer mit Neuem zurechtkommt. Damit steht er für das Beständige, das Traditionelle. Dafür, nicht jeden Trend mitzumachen. Er steht aber auch für die kindliche Freude, Begeisterung und Faszination, die bei allem Kommerz nicht auf der Strecke bleiben sollte. Er verteidigt den Zauber der Weihnacht, dieses so geliebte Familiending, gegen die Modernisierung der globalen Welt.

Ihm gegenüber lässt sich Sylvia, die Jahr für Jahr die Messe Christmas World in Frankfurt besucht, von allem Neuen begeistern – ein leichtes Opfer für die Weihnachtsindustrie.

Und mittendrin der bodenständige Uwe, einer mit harter Schale und weichem Kern, aber auch einer kurzen Zündschnur. Klar, dass der sich von so einem Jüngelchen im Anzug das Weihnachtsmann-Geschäft nicht erklären lassen muss und vor allem will.

Das Trio nimmt den Kampf gegen den neuen Seminarleiter auf. Aus diesem Ringen schöpft „Das Santa-Seminar“ seine Komik. Die konfrontativsten Momente sind die intensivsten. Vor allem im zweiten Teil kann das Schauspiel-Quartett so richtig sein komödiantisches Potenzial zeigen. Das Gegeneinander in Wort und Aktion bekommt aus dem dann flotteren Miteinander von Kerstin Slawek, Paul Worms, Hannes Liebmann und Jules Armana den Schwung und das Überzogene, das das Publikum von einer guten Komödie erwartet und am Ende zu Recht lange beklatscht.

Und weil Weihnachten nicht ohne Gesang auskommt, hat Stephan Eckel auch daran gedacht. Die Chormärker, der TdA-Chor unter Leitung von Tilman Frieser und Robert Grzywotz, sind mit drei Liedern zu hören – und die überraschen (mehr wird nicht verraten). In den kommenden Aufführungen tritt der Chor in verschiedenen Besetzungen auf. Die Rolle der Tina Geißler (die Tochter von Herrn Geißler) teilen sich Elza Charlotte Feldt, Annika Petersen und Kira Sturza. Sie haben im Finale ihren großen Auftritt – wenn es versöhnlich wird beim Santa-Seminar.