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Müllentsorgung Laubentsorgung als Knackpunkt

Mit Einführung der kostenpflichtigen Biotonne im Landkreis Stendal fragen sich Bürger, ob die Laubbehälter an den Straßen zurückkommen.

Von Bernd-Volker Brahms 13.11.2018, 00:01

Stendal l Wenn es nach den Vorstellungen des Landkreises Stendal geht, dann soll mit einer neuen Gebührensatzung für die Müllentsorgung noch im Dezember gleich auch festgezurrt werden, dass ab 2020 die Biotonne gebührenpflichtig wird. Bislang wurde das gesamte Müllsystem weitgehend über die Restmülltonne finanziert.
Bei den Kreistagspolitikern hat die Kreisverwaltung mit den Plänen zur gebührenpflichtigen Biotonne bisher weitgehend Rückendeckung. Da die jährliche Gebührenbelastung - auf Basis des Jahres 2017 - im Schnitt weitgehend konstant bleiben soll, regt sich kein Widerstand. 2018 bildet mit künstlich abgesenkten Gebühren eine Ausnahme. Im März musste die Gebührensatzung auf die Schnelle erneuert werden, da die vorherige rechtswidrig geworden war. Der ALS Dienstleistungs GmbH war nach eigenen Angaben ein Rechenfehler passiert, dadurch wurde zu viel Gebühr vereinnahmt. 2018 wurden die Gebührenzahler dadurch stark entlastet.
Unsicherheit gibt es allerdings offensichtlich noch zur Frage, inwieweit Bürger auf ihre Kosten für eine Laubentsorgung auf den Bürgersteigen und der Straße vor ihrem Grundstück zu sorgen haben. So wollte Kreistagsmitglied Günter Rettig (Linke) im Kreisausschuss wissen, inwiefern künftig Gemeindearbeiter Laub kehren könnten. Auch die Frage nach der Aufstellung von großen Laubkörben an Straßen steht im Raum.
Vom Landkreis heißt es dazu, dass diese Fragen von den jeweiligen Kommunen beantwortet werden müssen, da es hier um die Straßenreinigungssatzungen geht. Von der Stadt Stendal werden die Fragen indes eindeutig beantwortet: Die Gebühr auf die Biotonne enthebe die Bürger nicht von der Reinigungspflicht. Dies ist das Fazit aus einer Anfrage von Stadtrat Reiner Instenberg (SPD) an die Stadtverwaltung.
In der Antwort heißt es, dass die Stadt nicht die Aufgabe übernehme, Änderungen der Gebührensatzung des Landkreises mit zusätzlichen freiwilligen Leistungen auszugleichen. Es werde entsprechend keine Laubentsorgung durch die Stadt bei reinigungspflichtigen Anliegern geben. Auch die Bereitstellung von Laubsammelbehältern gehe über die gesetzliche Verpflichtung der Stadt hinaus.
Die Stadt Stendal habe bereits jetzt erhebliche Transport- und Enstorgungskosten für die Entsorgung des Laubes, das sich in der Zuständigkeit der Stadt befindet. "Eine zusätzliche Übernahme der Kosten, ..., würde den städtischen Haushalt übermäßig belasten und ist daher im Sinne einer wirtschaftlichen Haushaltsführung nicht vertretbar", schreibt der stellvertretende Oberbürgermeister Axel Kleefeldt (CDU) an Instenberg.
Lediglich in Einzelfällen werde überprüft, ob ein zumutbares Maß für den Bürger überschritten sei. Das Oberverwaltungsgericht in Sachsen-Anhalt habe eine Zumutbarkeit bei der Laubentsorgung von einer Grünfläche von 500?Quadratmetern mit fünf großen Eichen erkannt. Eine objektive Unzumutbarkeit entstehe jedoch nicht aufgrund des Lebensalters oder von körperlichen Gebrechen des Reinigungspflichtigen. In diesen Fällen könnten andere mit der Aufgabe betraut werden.
Ein gewichtiges Argument, warum der Landkreis die Biotonne mit Gebühren belegen will, ist die Tatsache, dass das Aufkommen an Biomüll in den vergangenen Jahren erheblich gestiegen ist, während die Restmüllmenge stetig sinkt. 2003 lag das Biomüllaufkommen im Landkreis bei 10.800 Tonnen. Im vergangenen Jahr lag dieses bei 18?200 Tonnen. Dazu kommt, dass der Landkreis derzeit noch einen günstigen Preis für die Entsorgung des Biomülls hat. Ein Experte der Berliner Firma Gavia, der den Landkreis in Sachen Müll berät, sprach unlängst von "riesigem Sprengstoff", da der Landkreis künftig wohl keine auch nur annähernd günstigen Preise für die Verwertung bekommen könne. Daher ist das hohe Biomüllaufkommen - das höchste Pro-Kopf-Aufkommen in Sachsen-Anhalt - eine Gefahr für das gesamte Gebührensystem im Landkreis.
Dass es für den Landkreis nicht mehr darum geht, ob für die Biotonne Gebühren eingeführt werden sollen, sondern nur noch wie, das macht die Umfrage deutlich, die jetzt gestartet wurde. Es stehen zwei Varianten zur Wahl. Im Dezember soll im Kreistag entschieden werden. Die Einführung ist aber erst für 2020 geplant.
"Wir haben beim letzten Mal gesagt, dass wir uns Zeit lassen wollen. Ich weiß nicht, ob jetzt diese Eile wirklich geboten ist", sagte Annemarie Theil (SPD) im Kreisausschuss.
Es solle noch genügend Zeit sein, um Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben, begründete Denis Gruber (SPD) als erster Beigeordneter des Landrates das Vorgehen.