Kellerwiehl blieb von Hochwasser und Mückenplage verschont / Gäste lassen auf sich warten Nach der Flut kam die Touristen-Ebbe
Campingfreunde machen derzeit um Sachsen-Anhalt einen Bogen, fürchten die Auswirkungen des Hochwassers und eine Mückenplage. Betroffen ist auch das Familien-Camp am Bittkauer Kellerwiehl, obwohl der Platz weder von der Flut noch von Insekteninvasionen heimgesucht wurde.
Bittkau l Der Elberadweg ist für die Betreiberfamilie des Familien-Camps am Bittkauer Kellerwiehl "eine Goldader, die sich durch das Land zieht", so Geschäftsführer André Weiß. Angemeldet oder unangemeldet stehen die Radtouristen vor der Tür, essen, trinken, übernachten und lassen Geld da. Wie Weiß und sein Team profitieren Hotel-, Pensions- und Campingplatzbetreiber sowie Gastwirte entlang der Elbe in normalen Jahren von dieser Goldader. Dieses Jahr ist aber für die hiesige Tourismusbranche alles andere als ein normales Jahr, die Touristen bleiben aus, die Goldader scheint versiegt.
Bild vom Hochwasser sitzt fest in den Köpfen
Alles begann mit einem verschneiten Osterfest. "Schon das brachte uns zahlreiche Stornierungen", erinnert sich André Weiß. Dann folgte eine längere camperunfreundliche Regenperiode im Frühjahr. Als endlich Sommer wurde, stiegen die Flusspegel und das Hochwasser kam. Die Flutmassen verschwanden wieder und machten der Ebbe im Kellerwiehl-Gästebuch Platz.
80 Stellplätze für Touristen und 40 für Dauercamper hat das Team zu bieten. Weitere Übernachtungsmöglichkeiten gibt es in acht Blockhäusern. Derzeit sei der Platz nur zu 20 bis 30 Prozent belegt, schätzt Weiß und fügt hinzu: "Die Stornierungen reichen bis August oder um es positiv auszudrücken: Wir haben bis August noch freie Kapazitäten und freuen uns auf jeden Gast."
Allein drei Dauercamper, aus Holland, Niedersachsen und Magdeburg, kündigten ihren Stellplatz im Kellerwiehl und begründeten ihre Absage mit dem Hochwasser. Dabei blieb der Platz, wie die meisten anderen in Sachsen-Anhalt, verschont. Etwa 500 Meter von der Elbe entfernt ist das Fleckchen mit seiner Gastronomie und den Freizeitangeboten durch einen neuen Deich geschützt. Nichts von der Idylle ging durch die Flut verloren. Auch die vielerorts zur Plage gewordenen Mücken plagen im Bittkauer Kellerwiehl nicht mehr als in den Vorjahren. "Wir hatten sogar bereits Jahre, da war es schlimmer", so Weiß, der immerhin schon in der 19. Saison die Geschäfte auf dem Platz führt.
Absagende Gäste ließen sich aber kaum umstimmen. Die Bilder von der Flutkatastrophe hierzulande gingen um die Welt, setzten sich in den Köpfen der Menschen fest. "Die Holländer beispielsweise scheinen zu glauben, ganz Sachsen-Anhalt ist abgesoffen", so Weiß. Das Fernbleiben der Niederländer schmerzt ihn besonders, machen sie doch rund 40 Prozent seiner Gäste aus.
Elberadweg hat nichts an Reiz verloren
Weiß ist froh, dass die Familie in Wilhelmshaven noch ein Textildruck-Geschäft im Rücken hat. So wird das Familien-Camp in dieser schwierigen Zeit von dort aus subventioniert. Viele seiner Kollegen seien da schlechter dran. Innerhalb der Branche wünsche man sich deshalb, dass von Landesseite aus stärker für den Tourismus in Sachsen-Anhalt geworben werde. Einzelne Plakataktionen in einigen Städten würden nicht reichen. Auch über die Mückendiskussionen kann Weiß nur den Kopf schütteln. Darüber werde viel geredet, aber es werde nichts getan. Im November habe sich das Problem auf natürliche Weise gelöst. Umso mehr freut sich das Kellerwiehl-Team über die treuen Besucher, die sich von Hochwasserszenarien nicht beeindrucken lassen. Dazu gehören Liselotte und Walter Rogge aus Munster in der Lüneburger Heide. Seit 19 Jahren steuern beide dreimal jährlich mit ihrem Wohnmobil Bittkau an. Derzeit genießen die Senioren wieder die Ruhe rund um den Natursee, können sich gleich, ungestört von Nachbarn, auf mehreren Stellplätzen ausbreiten. André Weiß zuliebe würden sie aber gern mit anderen Campern teilen.
Die Bilder von Flut und Mücken scheinen nicht bis in den pazifischen Raum gedrungen zu sein. Gestärkt vom Frühstück bestiegen am Montag ein Mann aus Papua-Neuguinea sowie sein Sohn die Räder und setzten sich in Richtung Tangermünde in Bewegung. Wie andere Radler auch machten sie klar, dass der Elberadweg zwischen Tschechien und Cuxhaven nichts von seinem Reiz verloren hat, nach wie vor sehr gut befahrbar ist. Allein von Besuchern vom australischen Kontinent kann ein altmärkischer Campingplatzbetreiber aber nicht leben.