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Ölspur Feuerwehr droht mit Straßensperrung

Öl- und Dieselspuren bereiten der Stendaler Feuerwehr zunehmend Sorgen. Vor allem wegen des Verhaltens von Kraftfahrern.

Von Donald Lyko 16.02.2021, 00:01

Stendal l Wenn es um das Beseitigen von Ölspuren geht, ist Martin Jurgas Geduld nahezu aufgebraucht. Sollte sich das Verhalten der Kraftfahrer nicht ändern, „werde ich anordnen, dass bei Ölspur-Einsätzen der Straßenzug gesperrt wird“, kündigt der Stadtwehrleiter an. Und begründet: „Ich kann es nicht zulassen, dass ein Kamerad verletzt wird, nur weil wir so gutmütig sind, den Verkehr laufen zu lassen.“ Um die Belastung für die Verkehrsteilnehmer so gering wie möglich zu halten, werden Ölspuren in der Regel bei fließendem Verkehr beseitigt. Auch, wenn sich Ölspuren über mehrere hundert Meter oder sogar mehrere Kilometer hinziehen. Jurga: „Das müssten wir nicht, wir können die Straße auch sperren.“

Was ihn ärgert ist, dass einige Fahrer sehr rücksichtslos sind beim Überholen, beim Ein- und Ausscheren an der Einsatzstelle, dass sie die Feuerwehrleute missachten, Sicherung und Warnkleidung übersehen, dass nicht auf Hinweisschilder geachtet wird – und damit die Ehrenamtlichen, aber auch Mitarbeiter des Tiefbauamtes oder externer Firmen in Gefahr gebracht werden. Hinzu kommt, dass die Ölspuren ausgebreitet werden, wenn weiter der Verkehr darüber rollt.

Dabei profitieren die Kraftfahrer davon, wenn der Einsatz reibungslos läuft. „Um schnell fertig zu werden, müssen wir sicher arbeiten können“, sagt der Stadtwehrleiter. Behinderungen und Beschimpfungen, gefährliche Situationen würden den Einsatz nur verzögern. Es gehe nun einmal nicht anders, als dass die Einsatzkräfte auf der Fahrbahn arbeiten. Meist sind es Wandereinsatzstellen. Für eine komplette Sperrung würden mehr Technik und mehr Leute benötigt, es würden mehr Kosten anfallen.

„Mir persönlich geht es ganz schön gegen den Strich, was auf den Straßen los ist“, sagt Martin Jurga. Damit meint er die Sicherheit der Einsatzkräfte, aber auch das Verhalten der Verursacher von Öl- oder Dieselspuren. Denn die machen sich oft aus dem Staub, weil sie Angst vor den anfallenden Kosten haben. „In der Regel ist das unbegründet, weil es sich fast immer um Haftpflichtschäden handelt“, erklärt der Stadtwehrleiter: „In der Regel muss man nicht ins eigene Portmonee fassen“.

Viele Verursacher können nicht ermittelt werden, die Kosten muss die Hansestadt Stendal übernehmen – und damit der Steuerzahler. In den vergangenen fünf Jahren sind dabei rund 68.000 Euro angefallen – nur für die Ölspurenbeseitigung und die Feuerwehrleistungen (siehe Infokasten).

Dass es sehr schnell sehr teuer werden kann, wenn nicht gleich reagiert wird, zeigt ein Beispiel aus dem Hohen Weg. Dort hatte ein Fahrzeug vermutlich Diesel verloren auf einer Strecke von zirka 160 Metern. Das blieb länger unbemerkt, der Diesel konnte das Bindemittel im Straßenbelag angreifen. Die Folge: Die Straßendecke musste abgefräst und erneuert werden, Gesamtkosten rund 40.000 Euro. „Hätte man es früher erkannt und reagiert, wäre der Schaden nicht so groß gewesen“, sagt Jörg Stephan vom Stendaler Tiefbauamt, das für die kommunalen Straßen zuständig ist.

Er ist einer von drei Mitarbeitern, die wechselnd im 24-Stunden-Bereitschaftsdienst an sieben Tagen Ansprechpartner für die Stendaler Feuerwehr sind. Auch mit der sogenannten Ölbereitschaft des Landkreises klappt die Zusammenarbeit gut. „Leider gibt es bei der Landesstraßenbaubehörde nach Dienstschluss keinen Ansprechpartner“, kritisiert Martin Jurga. Nur jetzt gebe es eine Winterbereitschaft, aber für Ölspur-Einsätze auf Landes- und Bundesstraßen gebe es außerhalb der Dienstzeit keine Möglichkeit für Rücksprachen.

Bei Ölspur-Einsätzen arbeiten die Straßenbaulastträger, die Eigentümer der Straßen, mit der Feuerwehr zusammen, entscheiden mit den Einsatzkräften darüber, ob externe Unternehmen einbezogen und welche Sicherungsmaßnahmen ergriffen werden sollen. Innerhalb der Stadtgrenzen ist dafür das Stendaler Tiefbauamt auch für die Landes- und Bundesstraßen zuständig.

Dass Feuerwehr und die Straßenverantwortlichen ausrücken, steht außer Frage. Denn eine Ölspur ist eine Gefahr für die Umwelt, für die allgemeine Sicherheit und die Ordnung. Andere Fahrzeuge können auf der Straße die Haftung verlieren, zudem droht, dass Öl oder Kraftstoff in die Kanalisation und damit ins Abwasser oder in die Böschung und damit ins Grundwasser gelangt. Darum sollte – auch beim Verursacher – zuallererst die Beseitigung der Gefahr gesehen werden. „Das ist noch nicht der Zeitpunkt, sich die Kostenfrage zu stellen“, sagt Tiefbauamtsmitarbeiter Steffen Richter. Sein Kollege Jörg Stephan nimmt an dieser Stelle noch einmal die Angst vor den Kosten: „Wir machen es nicht künstlich teuer, wir reißen niemandem den Kopf ab.“ Im schlimmsten Fall könnte es beim Haftpflichtschaden zur Höherstufung bei der Versicherung kommen.

Bei Ölspur-Einsätzen rückt der Gerätewagen Umweltschutz aus. In wenigen Monaten wird das betagte Fahrzeug ersetzt. „Das neue Fahrzeug soll im Mai ausgeliefert werden“, kündigt Jurga an. Es wird weiter in Stendal stehen, aber in allen Ortsteilen zum Einsatz kommen. Die Vorteile: Es haben mehr Feuerwehrleute Platz im Fahrzeug, das größere Fahrgestell sorgt für besseres Erkennen am Einsatzort, die Sicherungs- und Beleuchtungseinrichtungen sind moderner, es gibt mehr Platz für Bindemittel für Öle oder Diesel. „Die Gefahr kann schneller beseitigt werden, denn das ständige Auffüllen der Mittel während des Einsatzes wird minimiert“, so der Stadtwehrleiter. An Bord gibt es auch Tests für die Flüssigkeit auf der Straße. Jurga: „Ölspur-Einsätze haben viel mit Erkunden zu tun, wir handeln nicht blauäugig.“

Für Öl- und Dieselspuren wird ein Standard-Bindemittel eingesetzt. Ist die Fahrbahn wetterbedingt nass, wird in der Regel ein flüssiges Mittel verwendet, ansonsten das sichtbare trockene rote Pulver. Herbst und Winter sind die Hauptzeiten für Ölspur-Einsätze, denn auf feuchten Straßen fallen sie häufiger auf. Bei manchen Einsätzen kommt schon mal ordentlich was zusammen. Geschätzt 40 Säcke zu je 20 Kilogramm wären es für eine Ölspur, die über Bahnhofstraße und Röxer Straße läuft, nennt Martin Jurga ein Beispiel.