Politischer Humor Ein Notfall für Schwester Agnes
Mit gut zweieinhalb Stunden kabarettistisch-musikalischem Programm hat die Linke in Stendal ihren Politischen Aschermittwoch gefeiert.
Stendal l Dass die Partei Die Linke ihren Politischen Aschermittwoch wirklich an einem Mittwoch feiert, stellte Matthias Höhn gleich zur Begrüßung der Gäste im großen Sitzungssaal des Landratsamtes klar. Hört sich selbstverständlich an, sei es aber nicht, wie die Stendaler CDU Anfang der Woche gezeigt habe, stieg der Linke-Bundestagsabgeordnete als Moderator des Abends gleich mit einem Seitenhieb auf die CDU in den Abend ein. Denn „die Partei, die Politik nach der Straßenverkehrsordnung macht: Im Zweifel Rechts vor Links“ hatte mit Gesundheitsminister Jens Spahn schon am Rosenmontag Aschermittwoch gefeiert.
Nachdem Petra Piehl und Antje Sülter-Damker vom Sandauer Carneval Club ihr Publikum mit in den Winterurlaub genommen hatten, ging es zurück in den Landkreis Stendal – oder besser gesagt zum Landkreis Stendal. Denn der gleichnamige Patient (gespielt von Helga Paschke) lag „total überwachungspflichtig, total labil“ auf der Behandlungsliege. Ein Fall für Schwester Agnes (Katrin Kunert), die munter mit dem Fahrrad in den Saal geradelt kam, um festzustellen: „Große Autobahnen wollen sie bauen, aber ordentliche Radwege bekommen sie nicht hin.“ Einmal in Fahrt – jetzt emotionsmäßig gemeint – kam die Kult-Krankenschwester zum Havelberger Krankenhaus. Wenn das wirklich geschlossen werde, sei die Region nicht wie früher „In the middle of nüscht“, sondern „In the middle of gar nüscht“.
Aus den Gedanken wurde die emsige Schwester gerissen, als Patient Landkreis Stendal, Fall 2020, hereingerollt wurde. Nach einem Unfall. „Ich bin von einer Biotonne überrollt worden“, gab der Verletzte zu Protokoll, bevor sich Schwester Agnes beherzt ans Entkleiden des Patienten machte: „Zuerst die braunen Socken, die riechen, als wenn sie seit ‘33 nicht gewaschen wurden.“ Zur Behandlung gab es rote Tinktur auf die Füße, weil nur die helfe.
Begleitet von Fotos auf einer großen Leinwand nahmen sich Katrin Kunert und Helga Paschke das politische Geschehen in Kreis und Stadt vor. Der Austritt von Denis Gruber, 1. Beigeordneter des Landrates, aus der SPD war ebenso ein Thema wie die Niederlage Hardy Peter Güssaus bei der CDU-Nominierung für den Direktkandidaten zur Landtagswahl 2021, die neue Kommandozentrale im Hufelandhaus, die Wahl von Patrick Puhlmann (SPD) zum neuen Landrat und die Abwahl von Carsten Wulfänger (CDU).
Und natürlich kamen die politischen Mitbewerber nicht ungeschoren davon: „Wir können im Kreis ganz gut mit den Sozialdemokraten, aber in der Stadt tun sie die eigenen Ideale verraten“ (gemeint ist Stendal). Um das noch zu unterstreichen, wurde Andrea Bergs „Du hast mich tausendmal belogen“ eingespielt. Auch wenn das dem Patienten alles schwer im Magen gelegen hat, richtige Linderung brachte am Ende ein drastischer Eingriff: Als Mann all die Zeitgenossen herausgepuhlt hatte, die im Laufe der Jahre dem Landkreis (hier als Synonym für den Landrat gemeint) in den Allerwertesten gekrochen waren, ging es dem Pflegefall gleich viel besser. Das Publikum hatte sichtlich Spaß an der kommunalpolitischen Behandlung nach dem alten Rezept: Lachen ist die beste Medizin.
Nachdem die Karnevalistin Petra Piehl in ihrer Paraderolle als „Rampensau“ ihren zweiten Auftritt hatte, stieg der Stendaler Jörg-Michael Glewwe mit dem Schlachtruf „Stendal – links“ und lokalen Themen in die Bütt.
Den Abschluss des aschermittwöchlichen Abends übernahm der als Sir Henry tourende Alleinunterhalter Henri Fensterer aus dem thüringischen Ringleben. Unterstützt von seinem Assistenten Bernd Siering (in mehreren Damenrollen) bot er gesprochen und gesungen ein kurzweilig-witziges Programm und überzeugte vor allem mit Heinz-Erhardt-Nummern – mit Reimen, Liedern und dem typischen Erhardt-Schalk im Nacken.