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Polizei ermittelt Nach Farbattacke auf Nachtigal-Denkmal

Ob der Angriff auf das Gustav-Nachtigall-Denkmal in Stendal politisch motiviert war, kann von der Polizei nicht aufgeschlossen werden.

Von Antonius Wollmann 05.08.2020, 07:00

Stendal l In der kommenden Woche reinigt eine Spezialfirma das mit roter Farbe beschmierte Gustav-Nachtigal-Denkmal am gleichnamigen Platz. Dies teilte Stadtsprecher Armin Fischbach auf Nachfrage der Volksstimme mit. Unbekannte hatten den Sockel in der Nacht zum 26. Juli verunstaltet. Zunächst wollte die Stadt warten, bis die Spurensuche der Polizei beendet ist und die bereits erwähnte Firma den Schaden vor Ort begutachtet. Zudem seien Fragen des Denkmalschutzes zu beachten, so Fischbach.

Unmittelbar nach dem Bekanntwerden des Vorfalls hatte die Verwaltung eine Anzeige erstattet. Ob die Tat einen politischen Hintergrund hat, kann dabei bisher nur vermutet werden. Die Polizei schließt dies nicht aus. Zumal in der Vergangenheit mehrere Denkmäler angegriffen worden seien. Ein Bekennerschreiben ist bislang noch nicht bei der Stadtverwaltung eingetroffen, gibt Fischbach Auskunft. Was indes für eine politische Motivation spricht, ist die Verwicklung Nachtigals in die Kolonialgeschichte des Deutschen Kaiserreiches. Als Reichskommissar für West-Afrika war der Afrika-Forscher im Jahre 1884 an der Errichtung der deutschen Herrschaft über die Gebiete des heutigen Togos und Kameruns unmittelbar beteiligt.

Außerdem beglaubigte er Adolf Lüderitz dessen unrechtmäßig erworbenen Ländereien im heutigen Namibia, dem späteren Deutsch-Südwestafrika.

Im Berliner Stadtteil Wedding tobt deshalb seit einigen Jahren eine emotionale Debatte um die Umbenennung des dortigen Nachtigalplatzes. Die zuständige Bezirksverordnetenversammlung des Bezirks Mitte hatte im Dezember 2016 für eine Änderung gestimmt. Statt an Nachtigal soll der Platz an Manga Bell erinnern, den König des Duala-Volkes in Kamerun während der deutschen Kolonialzeit. Hunderte Anwohner reichten daraufhin Widerspruch ein. Sie wollen stattdessen eine Umwidmung der Straßennamen erreichen. Bis heute ist die Umbenennung nicht vollzogen.

Inwieweit Gustav Nachtigal als skrupelloser Kolonialist gelten kann, ist allerdings auch in der historischen Forschung umstritten.