1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Stendal
  6. >
  7. Gregor Gysi um keine Antwort verlegen

Prominenz unterwegs Gregor Gysi um keine Antwort verlegen

In der Reihe "Talk am Tresen" zeigte sich der Linken-Politiker Gregor Gysi im Schlosshotel Tangermünde bestens aufgelegt.

26.09.2019, 23:01

Tangermünde l Gregor Gysi ist ein durch und durch politischer Mensch. Moderator Tino Grosche versuchte, dem 71-jährigen Politiker immer wieder auch persönliche Einsichten zu entlocken – was nicht immer einfach ist. Aber es gelang.

„Auch meine Autobiografie ist persönlich, aber nicht privat“, sagte Gysi, der zugab, dass er eigentlich besessen ist von seiner Arbeit. Eigentlich habe er gedacht, dass er mit der Aufgabe des Fraktionsvorsitzes der Linken im Bundestag 2015 mehr Zeit für sich und auch die Familie habe. „Ich bekomme jetzt aber noch mehr Einladungen als vorher“, sagte Gysi. „Und ich bin ein ganz schlechter Nein-Sager.“

Während er in der unmittelbaren Nachwendezeit jemand gewesen sei, dem blanker Hass entgegen geschlagen sei, so spüre er heute Respekt und Anerkennung über die Partei-grenzen hinweg, sagte Gysi am Mittwoch in Tangermünde im Königin Luise-Saal des Schlosshotels vor 180 Besuchern. Die Gesprächsrunde war der Auftakt zu der Reihe „Talk am Tresen“, die die Mediengruppe Magdeburg in verschiedenen Orten organisieren wird.

Gysi plauderte über Urlaub mit seiner Ex-Frau, Telefongespräche mit Michail Gorbatschow, das Elternhaus, die Ausbildung als Rinderzüchter, ein Kindermädchen aus Seehausen und die Fehler der Deutschen Einheit. Moderator Tino Grosche, der zwischen Humor und Ernsthaftigkeit changierte, forderte ihn mit seinen Fragen ein ums andere Mal heraus. Der rhetorisch gewohnt sichere Politiker parierte und ließ kaum eine Pointe aus. Zuletzt war Gysi fast schon drauf und dran, sich als SPD-Vorsitzender zu melden. „Ich ziehe Probleme einfach an“, sagte er. Dass sei wohl zwangsläufig so, wenn man als Rechtsanwalt tätig ist. „Da hat man immer mit unglücklichen Menschen zu tun.“ Und die SPD habe ja derzeit mehr als ein Problem ...

Auch die Wendezeit kam zur Sprache. Dass er am 4. November 1989 auf der großen Demonstration in Berlin am Alexanderplatz unmittelbar nach den Schauspielern habe sprechen dürfen, habe daran gelegen, dass er die Organisatoren darauf aufmerksam gemacht habe, dass sie es doch einmal mit einer Anmeldung der Kundgebung statt einer illegalen Veranstaltung versuchen sollten. „Die waren verwundert, dass das funktionierte.“ Er sei neben Friedrich Schorlemmer dann auch der einzige Redner gewesen, der sich kritisch zur Stasi geäußert habe.

An der Stelle hätte man sich eine Nachfrage gewünscht, schließlich muss sich Gysi seit Jahren mit Vorwürfen zu einer angeblichen Stasi-Tätigkeit auseinandersetzen.

Richtig ins Trudeln kam der Berufspolitiker, der immer noch sieben Büros („eins im Auto“) unterhält, nur, als er die Aufgabe bekam, eine Zeichnung von Angela Merkel anzufertigen, welche demnächst für einen guten Zweck versteigert werden soll.

Er sei vom Bundestagspräsidenten einmal wegen des Überziehens seiner Redezeit im Bundestag gerügt worden, erzählte Gysi bei einer weiteren Anekdote. „Mir kommen die sieben Minuten hier immer wie im Flug vor, während ich bei anderen denke, das dauert ja ewig“, habe er ihm gesagt. „Stimmt“, habe Norbert Lammert geantwortet. Auch die zwei Stunden in Tangermünde vergingen wie im Flug.

Nächster Gast bei „Talk am Tresen“ wird am Freitag, 4. Oktober, der Schauspieler Heinz Hönig sein, der seine Frau Annika mitbringt. Die Veranstaltung ist in Magdeburg ab 19 Uhr im Xampanyeria. Karten gibt es bei Biber-Tickets.