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Prozess Brandstiftern droht Gefängnis

Zwei Männer stehen wegen Brandstiftung und Dieselklau vor dem Stendaler Landgericht.

Von Wolfgang Biermann 16.10.2017, 23:01

Stendal l Im Prozess um schwere Brandstiftung und gewerbsmäßigen Dieselklau hat die Staatsanwältin am Freitag für zwei Männer aus dem Norden des Landkreises mehrjährige Haftstrafen gefordert. Fünf Jahre Gefängnis für einen gerichtsbekannten und als Haupttäter geltenden 27-Jährigen aus einem Ortsteil von Osterburg und dreieinhalb Jahre für einen bislang nicht vorbestraften 33-Jährigen aus einem Ortsteil von Seehausen.

Vom 29. November 2014 bis zum 15. Februar dieses Jahres hielt eine Serie von Bränden im Norden des Landkreises Feuerwehr und Polizei in Atem. Scheunen, Acker- und Waldflächen und Holzstapel sowie eine Siloanlage gingen in Flammen auf. Der Schaden wird von der Staatsanwaltschaft mit insgesamt knapp eine halbe Million Euro beziffert. Beim Brand eines 100 Raummeter großen Holzstapels nahe einem Waldstück bei Arneburg sind am 11. Juni vorigen Jahres sogar drei Feuerwehrleute verletzt worden. Dazu häuften sich Diebstähle großer Mengen von Diesel aus abgestellten Baumaschinen auf Deichbaustellen links- und rechtsseitig der Elbe. Gibt es Zusammenhänge? Lange Zeit standen die Ermittler vor einem Rätsel. Kommissar Zufall kam ihnen zu Hilfe. Und so gerieten die Angeklagten ins Visier der Polizei. Sie wurden schließlich am 15. Februar auf frischer Tat, nach dem Anzünden von etwa 2000 Altreifen auf einer Siloanlage in der Nähe von Kossebau, ertappt. Seit dem 14. Juli stehen sie vor der 1. Großen Strafkammer am Landgericht.

Bevor es zur Anklageerhebung kommen konnte, wurde von der Polizei eine Sonderermittlungsgruppe gebildet. Das Duo wurde laut Angabe eines leitenden Kriminalbeamten gegenüber der Volksstimme auf dem Gerichtsflur „nahezu rund um die Uhr“ überwacht und ihre Telefone abgehört.

Dazu wurden sowohl Zivilfahnder eingesetzt als auch Funkstreifenbesatzungen. Und dazu gehörte auch die Observierung des für die Taten benutzten Kleintransporters mittels GPS-Senders und aus der Luft – per Hubschrauber. Bei dem Tatfahrzeug handelte es sich um einen sogenannten „Hundefänger“, ein Kleintransporter eines französischen Herstellers, der dem 33-Jährigen gehört. So war die Polizei ständig an beiden Angeklagten dran. 14 Straftaten gelangten schließlich zur Anklage.

Im Laufe des langwierigen Prozesses wurden vier Verfahren im Hinblick auf die verbleibenden größeren eingestellt, sodass letztlich zehn übrig blieben: sechs Brände, dreimal Dieselklau und ein Anschlag mittels Silvesterböller auf eine Briefkastenanlage in Behrendorf. Eine Racheaktion wegen eines familiären Problems, das der 27-Jährige vor etwa zehn Jahren mit dem Besitzer des Hauses hatte, zu dem der Briefkasten gehörte.

Vor Gericht beschuldigten sich beide Angeklagte gegenseitig, Initiator gewesen zu sein, wobei sich der 33-Jährige sofort nach seiner Inhaftierung geständig gezeigt hatte. Der 27-Jährige gestand erst beim Prozessauftakt seine Tatbeteiligungen, wobei er angab, dabei fast immer betrunken gewesen zu sein. Zu ihrer Motivation machten die beiden Ex-Kumpel keine Angaben. Beide standen im Tatzeitraum in Lohn und Brot, der 33-Jährige ist es noch heute. Der 27-Jährige sitzt in U-Haft. Warum sie die Scheunen und anderes ansteckten, blieb völlig im Dunkeln.

Laut Staatsanwaltschaft fuhren sie „sinn- und planlos durch die Gegend“. Dafür brauchte man „Sprit“, und den beschafften sie sich auf den Deichbaustellen. Dazu hatten sie immer 30-Liter-Kanister – bis zu 20 Stück – im Auto. In einem Fall klaute der 27-Jährige allein 600 Liter bei Sandau. Der Brand mit dem größten Sachschaden ereignete sich am 8. Januar dieses Jahres in Sandauerholz, einem Ortsteil von Iden.

Eine Scheune mit Heu und diversen Fahrzeugen darin fiel den Flammen zum Opfer. Schaden: 320.000 Euro. Schon am 18. Mai vorigen Jahres brannte eine Scheune zwischen Behrendorf und Rengerslage. Schaden dort: 55.000 Euro.

Die Verteidigerin plädierte auf eine 22-monatige Bewährungsstrafe für den 33-Jährigen. Dreieinhalb Jahre Gefängnis, so lautete die Forderung vom Verteidiger des 27-Jährigen. Das Urteil soll am 23. Oktober verkündet werden.