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Prozess geplatzt Mutmaßlicher Beilwerfer auf der Flucht

Auch der zweite Anlauf im Prozess gegen einen sogenannten Reichsbürger vor dem Landgericht Stendal klappte nicht.

Von Wolfgang Biermann 28.02.2018, 23:01

Stendal l „Das war‘s dann auch schon für heute. Dann warten wir mal ab, bis wir sie haben.“ Mit diesen Worten schloss der Vorsitzende der Schwurgerichtskammer am Landgericht in Stendal, Richter Ulrich Galler, am Mittwoch den Verhandlungstag, kaum dass er begonnen hatte. Denn auch im zweiten Anlauf waren ein wegen versuchten Totschlags und anderer Delikte angeklagter 45-Jähriger aus Salzwedel und seine 36-jährige Ehefrau nicht zum Prozess erschienen.

Am 12. Oktober 2016 soll der Angeklagte, der nach Medien- und Polizeiberichten der sogenannten Reichsbürgerszene zugerechnet wird, bei einer Wohnungsdurchsuchung in Tötungsabsicht mit einem Beil nach einem SEK-Beamten geworfen haben. Der blieb dank seiner Schutzweste unverletzt.

Bereits der erste Versuch zum Prozessauftakt am 16. Februar war gescheitert. Daraufhin hatte das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft Stendal einen sogenannten Sicherungshaftbefehl erlassen. Der 45-Jährige und seine Ehefrau sollten von der Polizei in ihrer Wohnung aufgesucht, festgenommen und in Haft genommen werden, um die Teilnahme am Prozess zu sichern.

Doch gestern um 9 Uhr musste Richter Galler angesichts der leeren Anklagebank feststellen, dass „die Verhaftungsbemühungen umsonst geblieben sind“. Nur die beiden Verteidiger und ein Dolmetscher – die mitangeklagte Ehefrau ist Iranerin – waren erschienen. Ein neuer Verhandlungstermin wäre in der zwingend vorgeschriebenen Drei-Wochenfrist aller Voraussicht nach nicht zu halten, sagte Richter Galler: „Wir müssen wohl über eine Aussetzung des Prozesses nachdenken.“ Und so beantragte Oberstaatsanwältin Ramona Schlüter die vorläufige Einstellung des Verfahrens. Danach verkündete Richter Galler den gleichlautenden Beschluss dazu. Und: „Ein neuer Prozesstermin wird von Amts wegen anberaumt.“

Wie schon am 16. Februar wimmelte es auch am Mittwoch im Landgericht förmlich von uniformierten und mit Schlagstock sowie Elektroschocker ausgerüsteten Justizbediensteten. Eine Erklärung dazu wollte aber niemand abgeben. Dem polizei- und gerichtsbekannten Angeklagten soll allerdings der Ruf vorauseilen, aggressiv und gewaltbereit zu sein. Im Bürgerzentrum von Salzwedel sollen er und seine Ehefrau am 20. Oktober 2016 eine Mitarbeiterin massiv beleidigt haben.

Weiterer Anklagepunkt: falsche Verdächtigung. Den Beamten des Spezialeinsatzkommandos (SEK), die in der Wohnung der Angeklagten nach Drogen gesucht und auch welche gefunden hatten, unterstellte das Pärchen, hochwertige Elektronik und Bargeld gestohlen zu haben.