1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Stendal
  6. >
  7. Neuseeland war Zeit des Lebens

Reise-ErfahrungNeuseeland war Zeit des Lebens

Die Tangerhütterin Lisa Krüger war für ein halbes Jahr in Neuseeland. Hier ihre Erlebnisse von der Nordinsel.

Von Lisa Krüger 17.07.2018, 23:01

Auckland l Freitag, 27. April 2018, Airport Auckland, Terminal A. Es ist tatsächlich schon sechs Monate her, dass ich in Neuseeland gelandet bin. Heute geht es zurück nach Deutschland. Viele haben mich gefragt, ob ich mich auf zu Hause freue. Klar, Freude ist definitiv auch etwas, was ich derzeit empfinde. Daneben mischen sich jedoch auch andere Gefühle, wie Aufregung, Traurigkeit, Nostalgie, Nachdenklichkeit oder Dankbarkeit mit ein. Die andere Frage ist, ob ich wirklich nach Hause fahre und was das eigentlich für mich bedeutet.

Aber erst mal zurück zu meiner Reise. Nachdem ich schweren Herzens die Südinsel Neuseelands verlassen habe, verbrachte ich die letzten drei Monate auf der Nordinsel. Diese ist im Vergleich zu den gewohnten Bergen und Seen sehr unterschiedlich. Größere Städte, mehr Menschen auf den Straßen und viele touristische Highlights hat das entspannte Fahren von A nach B etwas wachgerüttelt.

Ein weiterer Unterschied war, dass ich auf vielen Strecken nun nicht mehr alleine unterwegs gewesen war. Mit meinem französischen Travelmate habe ich so einiges Sehenswertes mitgenommen. Gemeinsam bestritten wir zwei Great Walks. Einen davon klassisch drei Tage zu Fuß mit Zelt und Rucksack. Den anderen paddelten wir vier Tage den Whanganui River entlang. Außerdem haben wir uns auf den Mount Taranaki (2518 m) gekämpft und sind das weltberühmte Tongariro Crossing, im ersten Nationalpark Neuseelands, gelaufen.

Im wunderschönen Taupo, einem Ort, malerisch an einem Kratersee gelegen, trennten sich dann unsere Wege. Hier habe ich in einem Hostel die Nachtschichten übernommen und tagsüber nochmal in einem Café gearbeitet. Die Kaffeekultur ist übrigens sehr speziell in Neuseeland. Wenn jemand einen normalen Filterkaffee möchte, kann er lange suchen. Es gibt die unterschiedlichsten Arten von Kaffee, wobei der Kaffeegehalt immer gleich ist, nur das Volumen der dazukommenden Milch ist unterschiedlich. Es ist wirklich verrückt.

In Taupo habe ich mich vom ersten Moment an verliebt. Es verging selten ein Abend, an dem ich nicht an der Seefront saß, um die Sonne hinter den Bergen untergehen zu sehen. Nach einem Monat bin ich dann wieder in mein Auto gestiegen, um die letzten verbleibenden Lücken auf meiner persönlichen Karte zu füllen. Ich habe das Alleinreisen bis dahin wirklich sehr genossen, aber nun fiel es mir doch erstaunlich schwer. Jemanden bei sich zu haben, mit dem ich die Erfahrungen und das Gesehene teilen kann, kann so viel mehr wert sein.

Mein nächstes Ziel hat mich zur Coromandel-Halbinsel geführt. Hier habe ich mich untypischerweise mehrere Tage auf einem paradiesischen Campingplatz auf der Spitze eines Hügels niedergelassen. Der Besitzer war sehr nett und redete immer von seinem Zuhause. Damit bezog er sich auf seinen Wohnwagen auf dem besagten Hügel. Irgendwann ist das auf mich übergeschwappt und ich habe auch angefangen, es mein Zuhause zu nennen.

Wobei ich bei der Frage angekommen bin, was das eigentlich bedeutet. Für mich persönlich ist es ein Ort, wo ich mich auskenne, wo ich Menschen jeglicher Art um mich herum habe und wo ich barfuß laufen kann. Ob das nun Tangerhütte, Berlin-Schöneberg oder in meinem Auto auf der Spitze eines Hügels ist, ist demnach egal. Zuhause ist da, wo man es zulässt, sich wohlzufühlen.

Die letzte Woche verbrachte ich rund um Auckland. Zum Abschluss bin ich noch bis Cape Reinga gefahren. Dies ist der nördlichste Punkt Neuseelands, gefühlt am Rande der Welt, wo die großen Ozeane aufeinanderprallen. Diese letzte Reise habe ich mit einem Freund unternommen, den ich noch von meinen Australien- und Berlinzeiten kenne. Die Welt ist halt doch nur ein Dorf. Danach habe ich ihm praktischerweise gleich mein Auto verkauft. Insgesamt hat mich meine Wohnung auf Rädern 12.500 Kilometer halbwegs sicher durch Neuseeland gebracht. Es vom Flughafen ohne mich wegfahren zu sehen, war ein komischer Moment.

Meine Zeit ist ein voller Erfolg gewesen. Ich habe unglaublich viel erlebt und gesehen, viel über mich und andere gelernt, internationale Kontakte geknüpft und tolle Persönlichkeiten kennengelernt. Das sind alles Eindrücke, die ich schwer in zwei bis drei Sätzen wiedergeben kann. Viele sprechen immer so salopp von der „Zeit des Lebens“. Dies ist selbstverständlich von verschiedenen Umständen abhängig. Für mich, heute und hier (Stand Mai 2018), ist meine Reise nach Neuseeland definitiv die Zeit meines Lebens gewesen, die ich nie wieder missen möchte.

PS: Jetzt, nach zweieinhalb Monaten des Wieder-hier-Seins, bewegen Lisa Krüger ihre Erlebnisse weiterhin: „Richtig angekommen bin ich jedoch immer noch nicht“, schrieb sie auf Volksstimme-Nachfrage. „Es ist schwer, Erlebnisse und Erfahrungen mit Freunden und Familie auszuwerten, die es nicht wirklich greifen können. Das macht mich manchmal traurig und lässt diese großartige Zeit schnell in den thematischen Hintergrund geraten. Auf der anderen Seite habe ich gute Freunde in der Zeit gefunden, die alles das mit mir teilen, was mir sonst so schwerfällt, jemandem begreiflich zu machen.“