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Berthold Wolter pflegt mit Leidenschaft seit fast 45 Jahren Oldtimer Russische Journalistin lässt sich 1968zumAudi-Verkaufüberreden

Von Klaus Pohlmann 15.08.2012, 03:18

Stendal l "Wenn ich meinen Mann sehen will, muss ich zur Garage in den Norden von Stendal fahren, oder aber auf die Uhr schauen, denn er liebt pünktliche Mahlzeiten", meint Christine, die Ehefrau von Berthold Wolter. Der fast 70-jährige Stendaler gehört zu den Motorfreunden, die sich mit Hingabe den Oldtimer-Fahrzeugen widmen und so nicht nur ein interessantes Hobby ausüben, sondern auch Historisches erhalten.

"Zu den Oldtimern bin ich eigentlich gekommen, wie die Jungfrau zum Kinde", berichtet Wolter. Vor dem Haus der Verwandschaft in der Nähe von Kyritz sah er 1968 ein Auto der Marke Auto-Union DKW stehen, das sein Interesse weckte. "Als ich mit der Besitzerin, einer russischen Journalistin, ins Gespräch kam und nach einem Kauf fragte, willigte sie einige Monate später ein, und ich wurde, verbunden mit etlichen Ersatzteilen, stolzer Besitzer dieses Autos." Allerdings musste er, weil die Verkäuferin Ausländerin war, noch einige bürokratische Hürden bei den Behörden des damaligen so genannten Vermittlungskontors in Magdeburg überwinden, wie Wolter von den Anfängen seines Hobbys erzählt.

Die Liebe zu den Autos ist so erhalten geblieben. Denn im damaligen VEB Erdöl standen die Fahrzeuge auch im Mittelpunkt seiner Arbeit. Mit dem Kauf des Drei-Zylinder-Zweitakt-Audis samt 1000 Kubikzentimetern Hubraum, der etwa acht Liter Benzin auf 100 Kilometer verbraucht, hat sich auch der Tagesablauf des Autoliebhabers verändert. Denn die meiste Freizeit verbringt er an seinen Garagen. Obwohl sich der Audi von Anfang an in einem tadellosen Zustand befand und heute bereits über eine halbe Million Kilometer zurückgelegt hat, bleiben kleinere Erhaltungs- und Pflegearbeiten nicht aus. "Anbieter von Ersatzteilen habe ich in Deutschland und sogar in Argentinien ausfindig gemacht, die allerdings auch manchmal mein Konto stark belasten."

Etwa 200 Euro für den Heckscheibengummi, 1000 Euro für den Chromrahmen am Kühler, etliche hundert Euro für eine Scheibe und Getriebeteile muss man schon einplanen. "Ein umfangreiches Ersatzteil-, Werkzeug- und Maschinenlager erlauben mir, dass ich vieles selbst machen kann und kaum die Werkstatt besuchen musste." Beim TÜV habe es nie Probleme gegeben. Lediglich bei der Wahl der neuen Lackfarbe hatte seine Frau das Sagen, berichtet Berthold Wolter. Als er die Nebengarage öffnet, deutet er auf einen 34 Jahre alten Wartburg Tourist, den er ebenfalls hergerichtet hat und mit dem er noch heute, genauso wie mit seinem Audi, etliche Strecken zurücklegt. Gegenwärtig schraubt er an dem dritten Oldtimer - einem Wartburg 312 - in dem er schon rund vier Quadratmeter Bodenbleche verschweißt hat.

"Viele Leute denken sicherlich, ich wäre bekloppt, wenn ich meine Freizeit in der Garage bei den alten Autos verbringe. Aber wenn ich mit meinen Oldtimer durch die Straßen fahre und im Jahr etwa 7000 bis 8000 Kilometer zurücklege oder wenn ich als Mitglied des Oldtimer Vereins Tangerhütte bei den Frühjahrs-oder Herbstausfahrten die Blicke der Passanten auf meine Autos lenke, bin ich doch ein wenig stolz", sagt der Auto-Fan.