1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Stendal
  6. >
  7. Schmeißt der Präsident von Lok Stendal hin?

Krise im Verein Schmeißt der Präsident von Lok Stendal hin?

Bei Lok Stendal liegt ein heftiger Vorwurf in der Luft: Haben Trainer und Spieler Fans instrumentalisiert, um höhere Prämien durchzusetzen?

Von Bernd-Volker Brahms 31.08.2018, 01:01

Stendal l Ulrich Nellessen ist ein wenig ratlos. Seit fast drei Wochen ist er nicht nur Präsident des 1. FC Lok Stendal, sondern auch Krisenmanager. Seit sein Stellvertreter und Sportvorstand Ralf Troeger am 12. August zurückgetreten ist.

„In der Halbzeitpause sagte er mir, dass er zurücktreten werde“, erinnerte sich Nellessen im Gespräch mit der Volksstimme. Zuvor waren beim Spiel gegen den Greifswalder FC Banner ausgerollt worden. „Tröger raus... sonst gehen bei Lok die Lichter aus“ und „Trögers One-Man-Show beenden“ stand darauf. Die waren allerdings noch nicht der Auslöser. Das Fass zum Überlaufen brachten die Rufe „Troeger, rück die Kohle raus, du Wichser“. Das wollte sich der Rechtsanwalt nicht länger antun.

„Der Gesang war beleidigend und nicht etwa Gegenstand einer Meinungsäußerung. Vor allem aber führte er zu der Annahme, ich halte Trainern und/oder Team berechtigte Gelder vor“, formulierte es Troeger in einer Stellungnahme, die er erst nach dem Pokalspiel gegen Arminia Bielefeld, eine Woche nach seinem Rücktritt, öffentlich machte. Darin auch Details, die die Fans nur aus Mannschaftskreisen mitbekommen haben konnten: Am Montag vor dem Saisonauftakt hatte die Mannschaft eine Pokalprämie in Höhe von 36.000 Euro gefordert. Der Vorstand hatte bis zu 500 Euro pro Mann angeboten, etwa ein Drittel der Forderung.

Für Troeger standen Forderung und Schmähgesang durch Fans im Zusammenhang. „Der Inhalt der Gesänge und ihr zeitlicher Zusammenhang mit der Geldforderung für Mannschaft und Trainer sowie die Motivlage bedeuteten für mich hinreichende Anhaltspunkte für treuwidriges Verhalten durch Mannschaft und/oder Trainer und einen unwiederbringlichen Vertrauensverlust“, hieß es in seiner Stellungnahme. Seine Freizeit wollte er für Team und Trainer unter diesen Umständen nicht mehr zur Verfügung stellen.

Der Rücktritt war ein Schlag für den Präsidenten, in mehrerlei Hinsicht. Zum einen hatte er seit Jahren mit Troeger vertrauensvoll zusammengearbeitet, zum anderen lag nun in der Luft, dass Trainer und Mannschaft Fans instrumentalisiert hatten, um ihre Forderung durchzusetzen. „Vom DFB bekommen wir ungefähr 120.000 Euro, aber wohl auch nicht auf einen Schlag, davon sind auch noch Abgaben abzuführen“, sagte Nellessen im Gespräch mit der Volksstimme.

Auch er wartete bis nach dem Pokalspiel gegen Bielefeld, wollte sich in der Woche darauf mit Trainer und Mannschaft zusammensetzen. Aus terminlichen Gründen kam es erst am Donnerstag (30.8.2018) dazu. Das Gespräch war bei Redaktionsschluss noch nicht beendet, Ergebnisse lagen noch keine vor.

Der Präsident hatte aber eine ganz klare Strategie. „Ich weiß nicht, wer wieviel Dreck am Stecken hat, aber es braucht niemand zu glauben, dass er sich nur auf den Sport zurückziehen kann“, sagte er. Mit der Begründung, sich aufs Sportliche konzentrieren zu wollen, hatte auch Trainer Sven Körner ein Gesprächsangebot der Volksstimme am Donnerstag ausgeschlagen. „Ich sage dazu nichts“, so Körner. Auch Mannschaftskapitän Philipp Groß ging nicht ans Telefon. Beide ließen die schweren Vorwürfe im Raum stehen, dass sie als Trainer und Spieler Fans missbraucht haben, um vor dem wichtigen DFB-Pokalspiel gegen Bielefeld Druck auf den Verein aufzubauen, um ihren Forderungen nach höheren Prämien Nachdruck zu verleihen.

Ob es nach dem Rücktritt von Troeger, dem Sicherheitsbeauftragten Dirk Schultz, Sozius von Troeger, und Pressesprecher Martin Rehberg noch eine weitere Veränderung im Verein geben wird – an dessen Spitze möglicherweise – steht noch nicht fest. Es ist aber auch nicht ausgeschlossen. Für den 19. Oktober ist eine Mitgliederversammlung anberaumt. „Ob ich mich da zur Wahl stelle, weiß ich nicht“, sagte Präsident Nellessen. In eine Schlammschlacht werde er sich jedenfalls nicht begeben.