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Schulentwicklung Hartes Ringen um die Schulstandorte

Kreis-Schulausschuss in Stendal fordert für die dünn besiedelte Altmark angepasste Mindestschülerzahlen.

Von Donald Lyko 31.01.2020, 00:01

Stendal l Die neue Schulentwicklungsplanung hätte längst unter Dach und Fach sein sollen, die Entscheidung im Land wurde aber nach 2020 verschoben. Und sie verzögert sich weiter. Geplant ist, dass sich das Kabinett im Februar erstmals damit befassen wird. Die zweite Kabinettsrunde dazu war für März geplant, wird sich vermutlich aber verschieben. Offizielle Zahlen liegen noch immer nicht auf dem Tisch – und dennoch machen seit Wochen Aussagen zu Mindestschülerzahlen für die Schulstandorte die Runde. Zahlen, die die Mitglieder des Schul-, Sport- und Kulturausschusses des Landkreises Stendal nicht nur beunruhigen, sondern handeln lassen.

Während seiner Sitzung am Mittwoch hat der Ausschuss unter Leitung von Edith Braun (Pro Altmark) einen Brief besprochen, der an die politisch Verantwortlichen im Land geschickt werden soll, darunter Bildungsminister Marco Tullner (CDU) und die Vorsitzenden aller Landtagsfraktionen. Denis Gruber (parteilos), 1. Beigeordneter des Landrates, stellte im Ausschuss den von ihm eingebrachten Briefentwurf vor.

Noch am Abend schrieb Edith Braun auf ihrer Facebook-Seite: „Ja, es wird ein hartes Ringen um den Erhalt unserer Schulstandorte im Landkreis Stendal!“ Im Ausschuss sei abgestimmt worden, „dass wir uns eine weitere Ausdünnung unserer Schullandschaft nicht gefallen lassen wollen! Der ländliche Raum wird in der kommenden Schulentwicklungsplanung des Landes wieder nicht berücksichtigt!“

Dann wendet sie sich direkt an den Bildungsminister: „Herr Minister Tullner, Sie und das Kabinett sind verantwortlich für diese Fehlentwicklung und wollen das selbst gemachte, verschuldete Defizit an Lehrerstellen und Ausfallstunden durch die Erhöhung der Mindestschülerzahlen wettmachen! Ihre jahrelangen Fehlentscheidungen in Ausbildung und Einstellung von Lehrern gehen zu Lasten der Chancengleichheit in der Bildung unserer Kinder in der Altmark und im ländlichen Raum! Treten Sie zurück, denn Sie haben das Vertrauen der Bürger in Sachsen Anhalt nicht verdient!“

In dem Schreiben formulieren die Absender ihre „große Sorge vor einer weiteren Verkleinerung der hiesigen Schullandschaft“ und fordern, dass die demografischen und geografischen Besonderheiten im Norden Sachsen-Anhalts berücksichtigt werden.

Die zu erwartende Verschärfung der Vorgaben zu den Mindestschülerzahlen „ist für den ausgesprochen ländlich geprägten Landkreis Stendal nicht akzeptabel“. Ein weiteres Schulsterben wollen die Kreistagsmitglieder nicht mehr hinnehmen. Ihre klare Position: „Uns ist es wichtig, dass die bestehende Schul­struktur nicht verändert wird, um über Stadt- und Gemeindegrenzen hinaus alle Schulen dauerhaft zu erhalten.“

2013 habe man schon einmal die große Herausforderung meistern müssen, die Einzugsbereiche vakanter Grundschulen so zu gestalten, dass sie bestandsfähig geblieben sind – für alle Beteiligten ein sehr emotionaler Prozess.

Eine Forderung: Grundschulverbünde. Für diese sollten aber folgende Mindestschulgrößen gelten: 60 statt 80 Schüler am Hauptstandort, 40 Schüler am Teilstandort. Nach Ansicht der Ausschussmitglieder würden die Grundschulverbünde nicht nur den ländlichen Raum stärken und die Grundschullandschaft sicherer machen, sondern den Kommunen als Träger der Grundschule und dem Landkreis als Träger des Schülerverkehrs mehr Planungssicherheit geben – und es sichere eine möglichst wohnortnahe Beschulung der Grundschüler.

Für die Sekundarschulen fordern die Autoren des Schreibens, die bisherige Regelung beizubehalten: Eine Sekundarschule kann fortgeführt werden, solange die Mindestschülerzahl von 120 nicht unterschritten wird. Für die Schulentwicklungsplanung 2022/27 ist eine Mindestgröße von 180 Schülern im Gespräch. Würde dies für den Landkreis Stendal gelten müssen, steht nach Ansicht der Ausschussmitglieder eines ganz klar fest: Weitere Sekundarschulen müssten geschlossen werden!

Was in der Folge heißt, dass für die betroffenen Schüler weitere Schulwege entstehen würden. Schon jetzt ist es teilweise schwierig, die Beförderungszeiten einzuhalten. „Wenn weitere Schulstandorte geschlossen werden, würde sich das auch auf die Kosten für den Schülerverkehr auswirken“, sagte Edith Braun, der Kreis müsste dann deutlich mehr zahlen.

Die geforderte Sonderregelung von 120 Schülern Minimum für Sekundarschulen sollte auch für die Gemeinschaftsschulen im Landkreis gelten: die Wundt-Schule in Tangerhütte und die Winckelmann-Schule in Seehausen. Im Brief heißt es dazu: „Wir sprechen uns vehement gegen eine Mindestgröße von 300 Schülern an Gemeinschaftsschulen aus.“ Denn das würde das sofortige Aus für beide Schulen bedeuten.

Was außerdem verhindert werden soll, ist ein weiteres Ausdünnen der Förderschullandschaft im Landkreis Stendal. Darum wird die geforderte Mindestschülerzahl von 90, wie sie für den neuen Schulentwicklungsplan vorgesehen sein soll, ganz klar als zu hoch abgelehnt. „Schon jetzt haben die Förderschüler, die ohnehin gehandicapt sind, alltäglich weite Fahrwege im Landkreis Stendal zu meistern“, heißt es im Brief an den Bildungsminister und an die Landtagsfraktionen.