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Kai Bischoff hat seine Leidenschaft für eine ungewöhnliche Sportart entdeckt So geht Sitzball: Rutschen, stützen, schmettern - und der Po bleibt unten

Von Sibylle Sperling 07.08.2012, 03:16

Man kann auch im Sitzen einen Pokal gewinnen. Doch vom Ausruhen kann beim Sitzball nicht die Rede sein. "Man sollte es nicht unterschätzen", sagt Kai Bischoff über die Sportart, zu der er erst vor knapp einem Jahr fand.

Stendal l Kai Bischoff holt aus und schmettert den Ball mit der flachen Hand übers Netz. Dann geht sein Blick wieder zum Spielfeldrand, zu dem Spieler, der die Angaben macht. Er wartet konzentriert auf das nächste Zuspiel.

Der 34-Jährige sitzt auf dem Boden der Turnhalle. So wie alle anderen Mitspieler der Stendaler Sitzballgruppe. Dabei könnte Bischoff jederzeit aufspringen und lossprinten, denn mit seinen Beinen hat er kein Problem. Als der nächste Ball nicht genau zugespielt wird, rutscht Bischoff blitzschnell auf dem Po zum Ball, stützt sich dabei mit den Armen ab, die seitlich abgewinkelten Beine zieht er nach.

Noch geht es nicht um Punkte, noch schauen die Spieler auf der anderen Seite ruhig zu und versuchen, seine über das Netz geschmetterten Bälle einzufangen. Auch sie sitzen, niemand steht auf, niemand läuft den Bällen nach. Schließlich gibt es beim Sitzball vor allem die eine zwingende Regel: der Unterleib muss unbedingt auf dem Boden bleiben. Nichteinmal angehoben werden darf er, dass heißt: der Po bleibt unten.

"Den Kai können wir nicht bremsen"

Doch von Ausruhen kann nicht die Rede sein. Bischoffs Gesichtsfarbe sieht sehr gesund aus, Schweißperlen stehen auf seiner Stirn. "Man sollte die Sportart nicht unterschätzen", sagt er, "man bewegt ja den ganzen Körper." Und als Bischoff schon wieder quietschend über den Turnhallenboden rutscht, winkt seine Zuspielerin mit einem Lachen ab: "Der Kai ist so schnell, den können wir nicht bremsen." Dabei ist der Stendaler noch nicht mal ein Jahr dabei. Damals hatte Kai Bischoff bei einem Turnier der Gruppe zugesehen, bei dem auch zwei seiner Freundinnen mitspielten. "Naja, und da hab ich gedacht, das wäre auch was für mich." Schon immer hatte der Hobbyfußballer damit geliebäugelt, auch mal zu einer Volleyballgruppe zu gehen.

"Unglaublich, wie der mich ausgetrickst hat"

Im November schloss er sich den Sitzballern an, im Dezember fuhr er zu seinem ersten Turnier. Vorerfahrung, außer der vom Schulvolleyball, hatte er nicht. "Ich hab mir gesagt, ich bin neu und darf Fehler machen, hab mir nicht so viel vorgenommen. Und es lief gut." Das Spiel hätten sie zwar verloren, aber so sei das eben beim Teamsport, "man verliert zusammen, und man gewinnt zusammen".

Mittlerweile hat der Sitzballer an etlichen Turnieren teilgenommen, war in Leipzig, Neubrandenburg und hat bei Landesmeisterschaften gekämpft. "Ich mag das, ich komme raus, lerne neue Leute und neue Sichtweisen kennen. Neulich war da so ein älterer Spieler mit nur einem Arm. Wie der mich ausgetrickst hat, unglaublich", berichtet Bischoff kopfschüttelnd von der ungewöhnlichen Begegnung, die ihn noch immer beeindruckt. Auf der Holzbank der Turnhalle steht zwischen den vielen 1,5-Liter-Getränkeflaschen ein silberfarbener Pokal. Mitspieler Bernd Reinecke ist darauf schon ein bisschen stolz: "Seit langer Zeit haben wir endlich mal wieder einen Pokal gewonnen." Den dritten Platz haben sie da belegt, unschlagbar seien aber die Leipziger Sitzballer, ein ganz junges Team. "Sie sind wieder Meister geworden." Doch mit Kai Bischoff, erzählt Reinecke hoffnungsvoll, hat sich auch das Stendaler Sitzballteam um einiges verjüngt. "Nicht nur durch Kai. Er hat nämlich auch seine Beziehungen spielen lassen und ein paar junge Leute von der Lebenshilfe Osterburg zu uns geholt."

Vielleicht können sie den Leipzigern ja schon bald ihren Meistertitel streitig machen. Den Ehrgeiz dazu hat nicht nur Bischoff, den hat mit Sicherheit das ganze Team.