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Stadtentwicklung Zwischen Kunst und Illegalität

Kunst oder Straftat? Bei Graffiti sind die Unterschiede groß - und Illegale lassen die Zahl ihrer Werke schnell wachsen.

Von Siegfried Denzel 17.06.2020, 07:43

Stendal/Tangermünde l „Ja, es hat zugenommen“: Lutz Rosenkranz vom Hauseigentümerverein „Haus & Grund Nördliche Altmark“ bestätigt einen Eindruck, der sich beim Spaziergang durch Stendal aufdrängt. Die Zahl von geschmierten Graffiti scheint immer größer zu werden.

Gleich an mehreren Hauswänden – vom Ostwall bis zur Hallstraße – ist ein kryptisches „2Go“ aufgesprüht. An der Ecke Bergstraße/Nordwall prangt seit geraumer Zeit ein „Fick die Kripo“ auf einem Mehrfamilienblock. Auch auf dem Marktplatz haben Unbekannte ihre Spraydosen gezückt: Auf einer Info-Tafel der Tourist-Information haben sie einen sogenannten „Tag“ hinterlassen. Und in Tangermünde hat die Polizei allein während des Pfingstfestes Anzeigen wegen 18 Schmierereien aufnehmen müssen: Auf einer Baustelle am Hafen waren die Täter aktiv und besprühten sowohl Fassaden als auch Baumaschinen.

Wie weit die Ermittlungen in diesem Fall sind, wollte Tanja Köhnke, die Sprecherin des Polizeireviers Stendal, mit Verweis auf das laufende Verfahren zwar nicht sagen. Aber: „Es sind Zeugenhinweise eingegangen.“

Und in einem anderen Fall – nämlich dem Aufruf zum wenig respektvollen Umgang mit der Kriminalpolizei – erwartet Hauptkommissarin Köhnke in Kürze sogar eine Anklage durch die Staatsanwaltschaft: Drei Männer zwischen 18 und 36 Jahren sollen für die Schmiererei verantwortlich sein; bereits vor einem Jahr waren ihnen die Ermittler auf die Schliche gekommen – mit Hausdurchsuchungen als Folge.

Allerdings: Dass ihr Schriftzug noch immer zu lesen ist, hat mit dem „Inhalt“ zu tun: „Wären es verfassungsfeindliche Symbole“ wie Hakenkreuze oder SS-Runden, „hätten wir andere Möglichkeiten“, räumt die Polizeisprecherin ein. So aber könnten die jeweils betroffenen Eigentümer entscheiden, ob und wann sie die Graffiti beseitigen lassen.

Manchmal, deutet unterdessen Lutz Rosenkranz vom Hauseigentümerverein „Haus & Grund“ an, „geben Hauseigentümer auch einfach auf“. Denn seine Mitglieder hätten oft die Erfahrung machen müssen, „dass die Verfahren eingestellt werden, wenn die Täter nicht gerade auf frischer Tat ertappt werden“.

Einziges „Gegenmittel“ gegben Sprayer sei, „die Augen aufzuhalten und die Polizei zu rufen, wenn man was gesehen hat“. Keinesfalls aber sollten Hauseigentümer selbst eingreifen, wenn sich Schmierer an ihrem Eigentum vergreifen: „Es gibt ein gewisses Gewaltpotenzial.“

Unterdessen setzt die städtische Stendaler Wohnungsbaugesellschaft (SWG) auf künstlerische Graffiti: Ob am Stadtsee oder in der Hallstraße – die großflächigen Bilder sollen einerseits die Wohnblöcke „aufhübschen“ und andererseits wilde Sprayer fernhalten.

Denn der Ehrenkodex in der Szene habe bislang besagt: Wo ein Künstler schon aktiv war, habe kein anderer Sprayer etwas zu suchen, beschreibt Geschäftsführer Daniel Jircik. Doch: Nachdem jahrelang Ruhe herrschte, „haben wir in den vergangenen Tagen drei Graffiti entdeckt“. Illegale, wohlgemerkt.