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Stadtrat Güssau will Vertrauen zurückgewinnen

Die Nachricht, dass Hardy Peter Güssau sein Stendaler Stadtratsmandat nicht annimmt, hat viele überrascht - auch in der eigenen Partei.

Von Donald Lyko 13.06.2019, 01:01

Stendal l Nach 20 Jahren im Stadtrat ist ihm die Entscheidung nicht leicht gefallen. Denn Hardy Peter Güssau weiß, „dass ich mit diesem Verzicht zahlreiche meiner Unterstützer enttäusche“. Doch die Zahl der Unterstützer ist kleiner geworden. Das Stadtratswahl­ergebnis blieb unter seiner Erwartung, den Einzug in den Kreistag hat der 56-Jährige sogar verpasst. Die Wahlergebnisse seien „ernüchternd“ für ihn gewesen. Güssau: „Sie haben mir klar aufgezeigt, dass ich bei den Wählern an Zustimmung verloren habe.“

Zum Vergleich: Bei der Stadtratswahl 2014 hatte er 2826 Stimmen geholt, bei der Wiederholungswahl 2015 nur noch 1722, in diesem Jahr waren es 1283 – auf der CDU-Liste immer noch das zweitbeste Ergebnis. Bei der Kreistagswahl 2014 gab es 2235 Stimmen, fünf Jahre später ist sein Einzelergebnis auf 453 Stimmen geschmolzen.

Gründe für sein Abschneiden sieht er weniger in kommunalpolitischen Themen, sondern in der Debatte über die programmatische CDU-Ausrichtung und in Wahleinflüssen aus der Bundespolitik. „Vornehmlich beeinflusst wurden die Wahlergebnisse aber durch die Wahlfälschung vor fünf Jahren, vor allem durch die schwerwiegenden Folgen der medialen Berichterstattung“, so Güssau. Es sei augenscheinlich so, „dass die steten Angriffe auf meine persönliche Integrität durch die Verbreitung von unwahren und ehrverletzenden Tatsachenbehauptungen in den Medien meiner Reputation sehr geschadet haben. Dies hat bei den Wählern Wirkung gezeigt, und das nehme ich sehr ernst“, erklärte er am Dienstag nach der Sitzung der neuen Ratsfraktion CDU/Landgemeinden. Sein Ziel sei es, „meine Familie, mein Umfeld, die CDU, die Ratsfraktion und mich selbst vor der weiteren Verbreitung dieser Verunglimpfungen zu schützen“.

Den Fokus seiner Arbeit will Güssau darum „verstärkt auf die rechtliche Aufarbeitung der Wahlfälschung lenken“, um „meine volle Glaubwürdigkeit und verloren gegangenes Vertrauen wieder zurückzugewinnen“. Seine Funktionen im CDU-Stadt- und Kreisverband will er weiter wahrnehmen.

Güssau bleibt CDU-Landtagsabgeordneter und Mitglied in drei Ausschüssen des Landtages. Während eine Rückkehr auf die kommunalpolitsche Bühne mit der Wahl in fünf Jahren für ihn derzeit eher keine Option sei, möchte er sich für die Zeit nach 2021 – dann wird regulär ein neuer Landtag gewählt – noch nicht festlegen. Zu ungewiss sei im Moment, so Güssau, ob und wie lange die Kenia-Koalition in Magdeburg hält und wie es mit der Großen Koalition im Bund weitergeht.

Nach Güssaus Mandatsverzicht mussten personelle Weichen gestellt werden. Der bisherige Stadtratsvorsitzende Thomas Weise wurde am Dienstag einstimmig zum neuen Vorsitzenden der Fraktion CDU/Landgemeinden gewählt. Seine Stellvertreter sind Christel Güldenpfennig und Jörg Böhme. Für Güssau rückt Mäxchen Schreiber in den Stadtrat nach.

Hardy Peter Güssau hat Thomas Weise am Dienstagnachmittag in einem persönlichen Gespräch über seine Entscheidung informiert. „Klar kam das überraschend“, sagte Weise gestern. Er bedauere den Schritt seines langjährigen Fraktionskollegen sehr: „Ihn muss man erst einmal ersetzen, denn Hardy Güssau steht für eine ordentliche politische Arbeit.“ Er selbst hätte lieber wieder für den Stadtratsvorstand kandidiert, gibt Weise zu, will sich der neuen Herausforderung aber gern stellen.

Linke/Grüne-Fraktionsvorsitzender Joachim Röxe sagte: „Ich halte es für eine richtige und konsequente Entscheidung, die aber zu spät kommt. Er hätte diese Entscheidung früher treffen sollen.“

Auch wenn er grundsätzlich Probleme damit hat, wenn jemand kandidiert und das Mandat dann nicht annimmt, findet SPD-Frontmann Herbert Wollmann Güssaus Schritt „konsequent“ und in dem Fall richtig. „Nur die reine Stadtratsarbeit gesehen, kann man ihm aber nichts vorwerfen. Das müssen andere in der Fraktion jetzt erst einmal bewältigen“, so Wollmann. Güssau habe „oft gute Ideen“ eingebracht und vieles gegenüber der Stadtverwaltung offen angesprochen.