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Streit eskaliert Es knirscht gewaltig im Wildpark

Zwischen der kommunaler Führung und den zumeist ehrenamtlich Engagierten im Wildpark Weißewarte gibt es Ärger.

Von Birgit Schulze 16.08.2019, 01:01

Weißewarte l Sandra Ehrenberg wird ihr schmuckes kleines „Wildparkcafe“ mit den bunten Blumen-Kaffeekannen auf den Tischen wegen „unüberbrückbarer Differenzen“ schließen, so hat sie es auf einem Aushang formuliert. Im Hintergrund ist offenbar einiges an gegenseitiger Frustration zwischen Parkbetreiber (Einheitsgemeinde) und ihr als Pächterin des Fördervereins gelaufen. Der Kiosk selbst gehört dem Verein, steht aber auf kommunalem Grund.

Als regelmäßige Versorgerin im Wildpark sei ihr schon früher die Beteiligung an größeren Festen und Flohmärkten zugesagt worden, erzählt Sandra Ehrenberg. Stattdessen hole man aber mobile Versorgungsstände hinzu. An den Tagen, an denen Sandra Ehrenberg den Umsatz für schlechter besuchte Zeiten aufholen müsste, sind andere Anbieter mitten auf der Veranstaltungwiese näher dran an den Kunden.

Die Idee, den neuen Grillstand zu pachten um direkt an der Festwiese dabei zu sein, sei zuerst unterstützt und dann doch abgelehnt worden. In einem Gespräch mit der Verwaltung sei ihr unmissverständlich klar gemacht worden, dass man von dem Cafébetrieb als Kommune gar nichts habe, erzählt sie. Auch die gewerbliche Nutzung des neuen Grills sei schließlich abgelehnt worden.

Doch die Schließung des Cafés ist nur die Spitze des Eisbergs. Seit der Neuaufteilung von Zuständigkeiten (in Besucherservice und Tierpflege), die in Zusammenhang mit dem Renteneintritt der langjährigen Leiterin Annette Friedebold im Vorjahr daherkam, brodelt es unter der Oberfläche. Zwischen Wildpark-Förderverein und neuer Leitung, die nicht nur aus Wildparkleiterin Josefine Krohn, sondern auch aus der Leiterin des Amtes für Verwaltungssteuerung, Kathleen Altmann, besteht, gibt es offenbar wenig Miteinander. Und das bekommen nun auch die Besucher zu spüren.

In den Ferien blieb der Park aus personellen Gründen an einem Sonntag geschlossen, was für einige Diskussionen sorgte. Eine Absprache über mögliche ehrenamtliche Unterstützung durch den Förderverein soll es nicht gegeben haben, wohl auch wegen der Verantwortung für die Kasse (der Kommune). Die Parkeisenbahn fährt schon länger nicht mehr und auch die Autoscooter sollen nicht in Betrieb sein, sagte jetzt Michael Bartoschewski (CDU) im Stadtrat.

Zuvor hatte Dieter Pasiciel (WG Altmark/Elbe) im Rat darauf hingewiesen, dass sich Flohmarktgänger verprellt fühlten, weil plötzlich neue Gebühren erhoben würden. Das, aber auch Gerüchte um Auseinandersetzungen zwischen Verein und Leitung griff Stadtrat Daniel Wegener (WG Zukunft) auf. Er forderte schnellstmöglich, Wildparkleitung und Förderverein in den Sozialausschuss einzuladen um im Detail zu klären, wo es hakt. Bürgermeister Andreas Brohm (Parteilos) räumte im Stadtrat ein: „Ja, es gibt Veränderungen und ich verstehe, wenn der eine oder andere Flohmarktgänger verschnupft ist“.

Die neuen Flohmarktgebühren kritisierte Wegener im Rat deutlich und erinnerte an Diskussionen im Sozialausschuss vor gut einem Jahr. „Wir haben damals gesagt, es rechnet sich durch die vielen Leute, die an dem Tag Eintritt zahlen und eben nicht durch Standgebühren. Wenn Sie das jetzt alleine entscheiden, ist es klar, dass es Unmut gibt. Da scheint doch einiges im Argen zu liegen!“

Brohm bestätigte auf Volksstimme-Nachfrage die neue Standgebühr von zehn Euro und sagte: „Ich finde das angemessen. Irgendwoher muss das Geld ja kommen.“ Er spricht von einem höheren Aufwand etwa beim Toilettenreinigen, wenn viele Besucher da sind.

Dass sich Förderverein und Verwaltung zu reiben scheinen, merkt man auch daran, dass aus den gefüllten und inzwischen mit Stoff verhängten Eistruhen im Kassenhaus, die (samt Inhalt) dem Verein gehören sollen, kommunale Angestellte kein Eis mehr verkaufen. Warum das so ist, wollte Bürgermeister Andreas Brohm gestern auf Nachfrage nicht kommentieren.

Langjährige Helfer sollen weggebrochen sein. Das Gefühl, alles Althergebrachte solle verschwinden, macht sich bei den Vereinsmitgliedern unter anderem in Zusammenhang mit der Parkeisenbahn breit. Dabei gibt es für die überalterte Bahn, die technische Probleme mit den Bremsen hat und beim Fahren Funken schlagen soll, durchaus neue Ideen von Seiten der Leitung. Etwa für eine schienengeführte Traktorenrundfahrt an dieser Stelle.

Eine solche Lösung könnte aber frühestens in der nächsten Saison umgesetzt werden, bis dahin begrüßt die Besucher das Schild „Außer Betrieb“. Andererseits gibt es offenbar bei der neuen Leitung auch den Eindruck, Verein und Bekannte der ehemaligen Leiterin würden neue Ideen und eine Zusammenarbeit blockieren.

Der Verein hat im Gegenzug für nach eigener Ansicht fehlende Absprachen keinen Kuchenverkauf mehr beim jüngsten Flohmarkt organisiert. Eine Tatsache, die den Besuchern unangenehm auffiel.

Bald wird ihnen auch das komplette Fehlen eines kulinarischen Angebots auffallen. „Im vergangenen Jahr kam ich mittags alleine nicht klar. Das hat sich geändert, der Umsatz ist deutlich eingebrochen“ sagt Sandra Ehrenberg. Die Mutter einer zehnjährigen Tochter ist mit den Nerven am Ende. Sie spricht von vielen kleinen Auseinandersetzungen und jeder Menge Frust. Den Cafébetrieb hatte sie mit viel Enthusiasmus vor gut vier Jahren übernommen. Sie beschäftigt derzeit drei Mitarbeiter und Aushilfen.

Sie sah sich als zuverlässigen Anbieter vor Ort, der auch an den Tagen öffnete, an denen wenig Besucher da waren. Das wird es nach der Schließung am 25. Oktober nicht mehr geben. Ab 2. September wird nur noch an den Wochenenden geöffnet sein, Sandra Ehrenberg hat sich inzwischen wieder eine Anstellung gesucht.

Bürgermeister Andreas Brohm erklärte gestern auf Nachfrage: „Was hier passiert ist ein Veränderungsprozess, ein anderes System wird eben auch anders wahrgenommen. Früher lagen die Prioritäten im vorderen Bereich mit dem Spielplatz, jetzt liegen sie mehr bei den Tieren.“ Man sei dabei, „wirklich einen Wildpark daraus zu machen “. Zu den einzelnen Problemen und zum Café wollte er sich nicht äußern, sondern diese zunächst mit dem Rat besprechen.

Anfang September will der Wildparkförderverein sein 25-jähriges Bestehen feiern, und zwar trotz aller Reibereien im Wildpark.