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Migration Studierte Syrerin will in Stendal mit einem Praktikum endlich durchstarten

Maha Naffakh lebt seit einigen Jahren in Stendal. Sie versucht alles, um in Deutschland einen Job zu bekommen. Wegen Corona wurde ihr Praktikum verschoben.

Von Leonie Dreier 28.07.2021, 09:48
Maha Naffakh, Migrantin aus Syrien (rechts), tritt ihr Praktikum bei der Steuerberatungsgesellschaft Neumeyer und Mertens in Uenglingen an. Kristina Stute, Steuerberaterin,  weist sie ein.
Maha Naffakh, Migrantin aus Syrien (rechts), tritt ihr Praktikum bei der Steuerberatungsgesellschaft Neumeyer und Mertens in Uenglingen an. Kristina Stute, Steuerberaterin, weist sie ein. Foto: Leonie Dreier

Uenglingen - „Ich bin etwas aufgeregt“, sagt Maha Naffakh. Sie steht vor ihrem ersten Praktikumstag bei der Steuerberatungsgesellschaft Neumeyer und Mertens in Uenglingen. Das Praktikum musste wegen Corona verschoben werden. Dadurch bremsten die Auswirkungen der Pandemie die 42-Jährige in beruflicher und sprachlicher Hinsicht aus.

„Wir hatten viel zu tun“, begründet Kristina Stute, Steuerberaterin bei Neumeyer und Mertens. Die Mitarbeiter mussten sich neben den täglichen Aufgaben besonders um die Anträge für die Corona-Überbrückung kümmern. „Nun ist es wieder entspannter“, sagt die 30-Jährige mit einem Lächeln. Sie wird sich in den kommenden Tagen um die Praktikantin kümmern.

Maha Naffakh kam vor fünf Jahren mit ihren Zwillingsmädchen aus Syrien nach Stendal. Ihr Mann war schon in der Hansestadt, sodass sie und die Kinder nachzogen. Zuvor studierte sie in Damascus Wirtschaft und arbeitete zwölf Jahre als Lohnbuchhalterin in einem Ministerium. Maha Naffakh ließ sich ihren Uni-Abschluss in Deutschland anerkennen. Seit ihrer Ankunft versucht sie, in der neuen Heimat beruflich Fuß zu fassen, und möchte finanziell unabhängig werden.

Die 42-Jährige erhofft sich mit Hilfe des Praktikums neue Kenntnisse und Einblicke in die hiesige Steuerwelt. Jürgen Lenski, Integrationslotse des Landkreises Stendal, vermittelte das Praktikum.

Job hilft beim Deutsch lernen

Maha Naffakh wird bei ihrem Praktikum nicht nur von ihren mathematischen Vorkenntnissen, sondern auch von ihren absolvierten Deutschkursen profitieren. „Ich hoffe, dass ich die Steuergesetze besser verstehe, als bei einem ersten Praktikum in einem Steuerbüro“, sagt sie. Die Syrerin besuchte zwei Jahre lang die inlingua-Sprachschule in Stendal und erreichte das Sprachniveau B2. Das ist für Migranten Voraussetzung, um in Deutschland arbeiten zu können.

Nach aktuellem Stand plant die Mutter der 15-jährigen Zwillinge das nächst höhere Niveau C1 nicht. „Private Kontakte und ein Beruf bringen mich besser voran“, sagt sie. Als Beispiel nennt sie den wöchentlichen Deutschkurs bei Jürgen Lenski im Mehrgernationenhaus. Der Stendaler Migratenverein organisiert den Kurs „Wir lesen ein Buch von Erich Kästner in vereinfachter und gekürzter Version“, so Jürgen Lenski. „Anhand des Textes erklären wir bestimmte Wörter und grammatische Strukturen.“

Corona-Pandemie schränkt Kontakte ein

Zudem arbeitet Maha Naffakh ehrenamtlich beim Landesnetzwerk Migrantenorganisationen Sachsen-Anhalt (LAMSA). Doch die Corona-Pandemie schränkten die Kontakte und das Deutschlernen ein. Maha Naffakh traf sich vor Corona mit ihren Freunden in der kleinen Markthalle. „Meine Sprachkenntnisse ließen sehr nach. Zuhause spreche ich mit meinen Töchtern arabisch“, sagt die Migrantin. Jürgen Lenski kann diesen Eindruck jedoch nicht bestätigen, obwohl sein Kurs coronabedingt pausieren musste. „Sie ist eine verlässliche und sehr motivierte Teilnehmerin.“

Maha Naffakh stellt ihr Licht häufig selbst unter den Scheffel, sagt Sarah Goldfisch, Mitarbeiterin der Deutschen Angestellten Akademie (DAA). Die Sozialpädagogin kennt die 42-Jährige schon länger. Sarah Goldfisch verhalf ihr unter anderem zu einer Weiterbildung in der Finanzbuchhaltung der DAA in Magdeburg. Die Syrerin ist zielstrebig, fleißig und vielseitig interessiert, beschreibt Sarah Goldfisch. „Sie hat aktiv die Weiterbildung in Magdeburg gefordert.“ Als weiteres Beispiel nennt die Sozialpädagogin den Führerschein. „Ihn und ein Auto habe ich mir selbst finanziert“, sagt die Migrantin. „Davon sollten sich viele eine Scheibe abschneiden“, betont Sarah Goldfisch und ist sich sicher, dass die Mutter bald einen Job bekommen wird.

Finanzbuchhaltung im DRK als nächste Station

Zuvor soll Maha Naffakh Erfahrungen im Steuerbüro in Uenglingen sammeln. „Dem Menschen eine Chance geben“, begründet Kristina Stute die Praktikumszusage. Die 30-Jährige wird Maha Naffakh in die Themen Finanzbuchhaltung und Steuern einführen. Die 42-Jährige kann außerdem, wenn sie möchte, den Kolleginnen in der Lohnabrechnungsabteilung über die Schulter schauen, schlägt Kristina Stute vor. Die Praktikantin nickt sofort.

Nach der Zeit bei Neumeyer und Mertens wird die Migrantin mit Sarah Goldfisch die folgenden Schritte Richtung Job planen. Der nächste Praktikumsplatz in der Finanzbuchhaltung beim DRK steht an.