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Gebürtiger Libanese muss in der Gemeinschaftsunterkunft in Stendal leben Tanzlehrer Eddie darf keine eigene Wohnung haben

19.06.2010, 05:18

Seit neun Jahren ist Karim Abdul Adnan, genannt "Eddie", in Deutschland ein geduldeter Ausländer. Er lebt im Stendaler Asylbewerberheim, gibt in der Altmark und anderswo Tanzkurse. Gern würde er in eine eigene Wohnung ziehen, um in Ruhe seine Choreographien auszuarbeiten. Doch das geht nicht.

Von Holger Thiel

Stendal/Gardelegen. "Mehr Energie! Legt mehr Energie hinein!" Aufmerksam schaut Eddie auf die sechs Mädchen. Er verfolgt jede Bewegung. Die 13- bis 18-jährigen Mädchen der Tanzgruppe "Pailoon Diamonds" studieren ihr neues Programm ein. Schwitzen ist angesagt. Jeden Montag in der Tanzschule Müller in Gardelegen.

Seit fast vier Jahren gibt Eddie, der eigentlich Karim Abdul Adnan heißt, Tanzunterricht. Nicht nur in Gardelegen, sondern auch in Salzwedel, Stendal und Rathenow. Zudem tritt er für eine Agentur im norddeutschen Raum rund um Hamburg auf. Musik und Tanz – dafür lebt der gebürtige Libanese, dessen Mutter aus dem Sudan stammt.

Seit neun Jahren ist Eddie in Deutschland ein geduldeter Ausländer. Den Aufnahmeantrag hat er im Jahr 2003 gestellt. Seine Wohnadresse ist seit Jahren das Asylbewerberheim in Stendal.

Und genau da beginnt das Problem für Eddie, der unter anderem an der Salzwedeler Lessing-Schule im vergangenen Jahr erfolgreich ein Tanzprojekt gegen Ausländerfeindlichkeit unterstützt hatte. Eine Mädchen-Hip-Hop-Formation rappte nicht nur in Salzwedel, sondern auch in Berlin und Magdeburg für mehr Toleranz, gefördert von der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung.

Doch um für solche Projekte die Musik zusammenzustellen und die Choreographie zu erarbeiten, braucht Eddie Ruhe. "Ich muss mich konzentrieren können. Im Asylbewerberheim geht das nicht", sagt der junge Mann, der an fünf Tagen in der Woche und manchmal auch am Wochenende per Bahn in der Altmark und darüber hinaus unterwegs ist. Gerne würde er in Stendal in eine Wohnung ziehen. Doch das geht nicht. Selbst dann nicht, wenn er einen festen Arbeitsvertrag in der Tasche hätte – was laut Eddie kein Problem sei.

400 Ausländer im Heim

Die Asylbewerber sind verpflichtet, in der Stendaler Gemeinschaftsunterkunft am Möringer Weg zu wohnen. Das ist auch im Altmarkkreis Salzwedel nicht anders. Karim Abdul Adnan glaubt auch, den Grund für diese Regelung zu kennen: "Es ist ausgenutzt worden. Es gab Leute, die wiesen einen Arbeitsvertrag nach, zogen in eine Wohnung, um sich dann arbeitslos zu melden." Die Folge: Die Miete musste am Ende vom Sozialamt beglichen werden, während im kreiseigenen Asylbewerberheim Zimmer leer standen.

Diese Aussage konnte Carsten Wulfänger, Dezernent im Stendaler Landratsamt, so nicht bestätigen. Er verwies aber auf das Aufnahmegesetz Sachsen-Anhalts. Das besagt im Paragraph 2, Absatz 5: "Nach Möglichkeit soll der Unterbringung in kleineren Gemeinschaftsunterkünften der Vorzug gegeben werden." Genau das geschieht mit Asylbewerbern, deren Anträge noch bearbeitet werden oder gar abgelehnt sind.

In der Stendaler Gemeinschaftsunterkunft, in der auch Eddie ein Zimmer hat, leben derzeit 270 abgelehnte Asylbewerber. Hinzu kommen 64 Asylbewerber mit offenem Verfahren und 65 Ausländer, die nach der von der Innenministerkonferenz im Jahr 2007 getroffenen Bleiberechtsregelung in Deutschland leben. Nur in Ausnahmefällen, zum Beispiel bei schweren Erkrankungen, können geduldete Ausländer wie Eddie in eigene Wohnungen ziehen, so Wulfänger. Er verwies darauf, dass das Verfahren des Libanesen noch nicht abgeschlossen sei.

Noch kann Karim Abdul Adnan hoffen, eines Tages rechtmäßig in der Altmark zu leben – dann in einer eigenen Wohnung. An seinem Engagement auch in Gardelegen will er festhalten. Musik und Tanz sind sein Leben. Davon profitieren nicht nur Jugendliche. So brachte Eddie altmärkischen Frauen auch schon den Zumba bei. Ein Tanz, der vom Kolumbianer Alberto "Beto" Perez entwickelt wurde und in den USA mittlerweile Kultstatus besitzt.