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Abschied Theater der Altmark: Intendant und Schauspieler sind dankbar für Zeit in Stendal

Das Dreiergespann aus Intendant Wolf E. Rahlfs, Tristan Benzmüller und Ole Xylander werden ab der neuen Spielzeit nicht mehr für das Theater der Altmark (TdA) Stendal arbeiten. Im Gespräch mit der Volksstimme reden sie über die Hansestadt, Familie und Dankbarkeit.

Von Tobias Hofbauer Aktualisiert: 20.07.2023, 11:08
Ulrich Nellessen (von links), Tristan Benzmüller, Ina Nitzsche, Wolf E. Rahlfs und Aud Merkel, als sie die  Festschrift 75 Jahre Theater der Altmark vorgestellt haben.
Ulrich Nellessen (von links), Tristan Benzmüller, Ina Nitzsche, Wolf E. Rahlfs und Aud Merkel, als sie die Festschrift 75 Jahre Theater der Altmark vorgestellt haben. Archivfoto: Donald Lyko

Stendal - Das Theater der Altmark (TdA) muss den Abgang einiger bekannter Gesichter verkraften. Darunter auch Intendant Wolf E. Rahlfs, der vor zwei Jahren seinen Rückzug angekündigt hatte: „Es war eine Lebensentscheidung zugunsten meiner Familie. Meine Frau lebt über 600 Kilometer entfernt, und eine Fernbeziehung ist einfach nicht machbar“, erklärt er. Besonders schwierig sei es gewesen, da beide im Theatergeschäft arbeiten und daher keine „regelmäßigen“ freien Tage haben. Nun zieht es ihn zurück in seine frühere Wirkungsstätte, die Badische Landesbühne Bruchsal, wo er von 2003 bis 2006 tätig war.

In seiner Karriere hat der 45-jährige Rahlfs in über 30 Produktionen mitgewirkt und wurde sogar ausgezeichnet, zuletzt für seine Rolle in „Tod eines Handlungsreisenden“ in der Spielzeit 2018/2019.

Rahlfs hatte gehofft, das Theater ab 2020 wieder in seiner vollen Pracht zu sehen. „Es ist etwas wehmütig für mich, die Schauspieler nicht in der renovierten Spielstätte erleben zu können“, sagt er. Der scheidende Intendant werde auch die Begeisterungsfähigkeit der Stendaler vermissen. Für viele sei das Theater selbstverständlich und sogar unverzichtbar. „Das sollten sich die Altmärker bewahren.“

Der Theatermacher war sichtlich gerührt, als er sich ins Ehrenbuch der Stadt eintragen durfte. „Besonders schön fand ich die Worte, dass das Theater keinerlei Strahlkraft eingebüßt hat“, schwärmt Rahlfs.

Auch Schauspieler Ole Xylander ist von der Atmosphäre unter den Kollegen begeistert. Wie Rahlfs ist es für ihn schwierig, seine Arbeit mit seiner Familie in Berlin zu vereinen. Deshalb entschied er sich für einen Tapetenwechsel und zieht ab August in die Hauptstadt.

„Ich möchte die Zeit nutzen, um etwas mit meinen Kindern zu unternehmen. Eine Rückkehr nach Stendal ist jedoch nicht ausgeschlossen“, erklärt der Schauspieler. „Aber erst, wenn die Kinder älter und aus dem Haus sind.“ Besonders gut gefiel Xylander die enge Vernetzung des Theaters mit den verschiedenen Spielclubs. „Hier kennt jeder jeden, das wird in Berlin bestimmt nicht passieren.“ Das sei einer der größten Vorteile einer „Kleinstadt“ wie Stendal. Auch die Freilichttheatersaison mit Gastspielen in der ganzen Altmark hat er genossen. Zum Zeitpunkt des Gesprächs mit der Volksstimme befand er sich in Arendsee, kurz vor einer Aufführung.

Ole Xylander wird auch den „Turbo“ in der Kneipe „Herbsthaus“ vermissen. Dabei handelt es sich um einen speziellen Shot aus Wodka, Limette, Olive und einem Schuss Tabasco. Wie Rahlfs will auch Xylander als Gast die Stücke des neuen Ensembles besuchen.

Der Vertrag des stellvertretenden Intendanten Tristan Benzmüller ist an den von Rahlfs gekoppelt, daher endet auch seine Zeit nach dieser Spielzeit. „Aufgrund der Corona-Pandemie und der Umbauarbeiten hatten wir das Gefühl, eine Spielzeit weniger gehabt zu haben. Aber ich denke, wir haben das Beste daraus gemacht“, sagt Benzmüller zuversichtlich. Sein weiterer Weg führt ihn als Dramaturg ans städtische Theater in Kiel.

Wechsel gehört zum Theater-Alltag

In seiner Freizeit spielte Tristan Benzmüller drei Jahre lang Saxofon in der Big Band an der Musik- und Kunstschule. „Es war, als würde ich auf einen Schlag 20 neue Freunde gewinnen“, schwärmt Benzmüller. „Auf dem Rolandfest hat er sich sogar eine Fangemeinde erspielt“, ruft Xylander freudig hinterher. Kein Wunder, dass am 26. September eine kurze Rückkehr des stellvertretenden Intendanten geplant ist, um mit der Big Band aufzutreten. Besonders dankbar zeigt sich Benzmüller für die Möglichkeit, am TdA neue Ideen und Formate entwickeln zu können, darunter etwa das Märchencafé.

Der Wechsel von Schauspielern und Intendanten zu anderen Theatern ist nichts Ungewöhnliches. „Es kann in der Karriere von jedem mehrmals vorkommen, dass man seinen Lebensmittelpunkt verändert“, erklärt Xylander. Einige Schauspieler verbringen beispielsweise mehr als 20 Jahre in einem Ensemble und wachsen regelrecht mit dem Team zusammen. Auf der anderen Seite gibt es auch diejenigen, die bereits nach zwei Jahren nach neuen Herausforderungen suchen und von Projekt zu Projekt leben.

„Für Intendanten wäre eine Amtszeit von sechs bis acht Jahren ideal“, sagt Intendant Wolf E. Rahlfs. Ein Jahr sei fast ausschließlich dem Ankommen und Kennenlernen der Menschen gewidmet. „Und da sind noch keine Pandemie oder Umbauarbeiten miteinberechnet“, fügt er mit einem Schmunzeln hinzu.

Ole Xylander hingegen nimmt es gelassen und plant nach seinem Engagement in Stendal zunächst einen Urlaub mit seiner Familie, inklusive einer Fahrradtour nach Schweden. Danach möchte er versuchen, wieder beim Improtheater Berlin anzuknüpfen. Mit einem Verweis auf das „Roland rettet die Hanse“-Musical-Spektakel im Klostergarten des Altmärkischen Museums im Jahr 2022 verabschiedet er sich von den Stendalern mit den Worten: „Wenn ihr wieder mal einen Till Eulenspiegel braucht, ruft mich einfach an.“

Weitere Abgänge am Theater der Altmark sind Schauspieler Sebastian Hammer und Pressesprecherin Heike Hellebrand.