Übergriff des Ziehvaters auf der Grillparty oder nur ein guter Rat für 14-Jährige?
Stendal l In dem Prozess vor dem Landgericht Stendal um den schweren sexuellen Missbrauch eines Mädchens in einem Ortsteil von Tangermünde sagten am Mittwoch die neue Lebensgefährtin des Angeklagten und deren Tochter aus. Als Zeuginnen nahmen beide im April dieses Jahres auf dem Grundstück des 44-Jährigen an einer Grillparty teil. Dabei soll es laut Anklage auch zu Übergriffen des Ziehvaters auf das Mädchen gekommen sein. Zu diesem Zeitpunkt war die 14-Jährige bereits mehrere Monate von zu Hause ausgebüxt und in Magdeburg bei ihrem Freund untergetaucht. Ihre Mutter hatte schon Ende Januar den Angeklagten verlassen und war ins thüringische Saalfeld zurückgekehrt.
Bei der Grillparty, zu der sie freiwillig gekommen sein soll, habe es wohl zwischen dem Angeklagten und dem Mädchen Streit gegeben. Dabei soll es aber angeblich darum gegangen sein, dass die 14-Jährige, die auch von der Polizei gesucht wurde, von ihrem Ziehvater dazu aufgefordert worden sein soll, sich beim Jugendamt in Tangermünde zu melden. Das jedenfalls behaupteten die Lebensgefährtin des Angeklagten und deren Tochter als Zeugen. Offenbar kamen dem Vorsitzenden Richter Ulrich Galler Zweifel am Wahrheitsgehalt ihrer Angaben zum Ablauf der Grillparty, so dass er beide zur Wahrheitspflicht ermahnte, weil ihm ihre Angaben "wenig lebensnah" erschienen.
Des Weiteren sagte eine 34-jährige Tangermünderin aus, die mit dem Angeklagten als Nachbarin recht gut bekannt ist. Sie habe nur gerüchteweise im Ort von dem Verdacht gehört, dass der Angeklagte ein Verhältnis mit seiner Stieftochter haben soll. "Sie waren wie Vater und Tochter." Mehr wisse sie nicht. Krankheitsbedingt fehlte eine weitere Zeugin aus dem Umfeld des Angeklagten. Das brachte den Prozessablauf durcheinander. Zu dem ursprünglich als Urteilstermin anvisierten 9. Januar kommen nun zwei weitere Verhandlungstage, so dass Richter Galler nunmehr den 14. Februar als möglichen Urteilstermin in Aussicht stellte. An diesem Tag soll auch die Berliner Psychologin Dorothea Pierwoß ihr Gutachten zur Glaubwürdigkeit des Mädchens abgeben.