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Geschichte vor der Haustür: Von der einstigen inner-Stendaler Grenze gibt es noch Reste Und sie steht doch noch – die "Russen-Mauer" mitten im Garten

Von Nora Knappe 18.08.2011, 06:30

Stendal. Und es gibt sie doch noch – die Stendaler Mauer. Ulrich Paulsen, der im sogenannten Villenviertel wohnt, schaut von seinem Garten direkt auf ein Stück dieser Grenze, die einst die normale Bevölkerung von den stationierten Sowjetsoldaten trennte. Inzwischen rot gestrichen und mit Efeu überwuchert, ist dieses etwa 200 Meter lange Stück Betonmauer kaum sichtbar. Nur einigen Gartenpächtern der Anlage an der Uenglinger Straße und den Zeugen Jehovas dürfte sie auffallen – denn zwischen beiden Landstücken verläuft dieser Rest entlang eines schmalen, am Ende zugewachsenen Weges.

Brigitte Zahn kennt diese Mauer seit 60 Jahren, und lebt seither mit ihr. 1950 bezog sie ein Grundstück in der Blücherstraße, direkt dahinter verlief damals der Zaun, der später durch Betonelemente ersetzt wurde, die das einstige Kasernengelände umgaben. "Wir haben immer gesagt, dahinter ist Russland", erinnert sich die 83-Jährige. "Das war schon ein komisches Gefühl, so direkt an dieser Mauer zu wohnen. Aber mein Mann ist auf Spaziergängen ein wenig in Kontakt mit den Russen gekommen und hatte nette Gespräche."

Wer heute aufmerksam durch das Villenviertel geht, kann noch an weiteren Stellen Reste der "Russen-Mauer" entdecken. Oft werden sie als Grundstücksgrenze genutzt, da stehen dann die grauen Reste der Mauer mitten im Garten. Ohne privates Gelände betreten zu müssen, kann man ein Stück der Mauer in der Straße Am Mühlenhof besichtigen. Hier ist die einstige Trennung der Viertel sogar noch am Straßenbelag sichtbar.

Und wo die Promenade – als Reminiszenz an die einstige Trennwand – die Blücherstraße kreuzt, da kann man an recht marode wirkenden Garagen erkennen, dass hier einmal zwei Welten getrennt waren. Die Mauer zwischen Russen- und Stendal-Viertel wurde gleich als Rückwand für die Garagen genutzt.

Auch die plötzliche gerundete Verbreiterung der Straße auf dieser Höhe ist ein Hinweis aufs Früher: Hier war die Wendeschleife, denn hier war die Blücherstraße einst zu Ende. "Das ist wirklich beeindruckend", sagt Karin Wacker-Paulsen staunend, "dass man die Geschichte hier direkt vor der Haustür hat."