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Im Fundbüro landen jährlich über 200 Gegenstände / Abgeben ist sogar gesetzliche Pflicht Vom Finden ohne Suchen

Von Nora Knappe 10.04.2012, 05:25

Wer findet, der muss abgeben. So sagt es das Gesetz. Dabei geht es nicht um Ostereier, sondern um Fundstücke im öffentlichen Raum. Das Fundbüro nimmt sie entgegen.

Stendal l "Ich ging im Walde so für mich hin, und nichts zu suchen, das war mein Sinn..." Tja, und plötzlich hat man doch etwas gefunden, ohne Suchen. Nichts zu suchen ist wohl auch der Sinn all derer, die ab und an mal etwas in Stendal finden - und es dann hoffentlich im Fundbüro abgeben.

Fahrräder, Koffer, Kinderwagen, Turnschuhe, Schlüsselbunde, Mützen, Portemonnaies, Handys, Schmuck, eine Bohrmaschine und sogar mal eine Violine - all dies steht als registrierte Fundstücke im schlauen Buch von Sabine Tix, seit zehn Jahren Mitarbeiterin des Stendaler Fundbüros. "Zuletzt wurde eine Herren-Baskenmütze gefunden, gerade am Mittwoch wurde sie im Servicepunkt abgegeben", erzählt Tix. Pro Jahr kommen an die 220 Fundstücke zusammen. "Auch ein Hörgerät oder sogar ein Gebiss wurden schon mal abgegeben." Die rechtmäßigen Besitzer konnten zweifelsfrei ausgemacht werden. Und die Freude über das Wiederfinden dürfte groß gewesen sein.

Aber wie ist das sonst: Kommt man einfach vorbei, schaut in den Fundus und behauptet, weil\'s einem gefällt, einfach: ¿Das ist meins\'? "Nein, so einfach ist das nicht", erklärt Tix, "man muss schon glaubwürdig darlegen, dass der Gegenstand einem gehört. Erst einmal wird der Fund nicht gezeigt, und derjenige, der Anspruch darauf erhebt, sollte ja in der Lage sein, ihn zu beschreiben." Bei Geld dürfte das aber schwierig zu beweisen sein... "Hier könnte natürlich hilfreich sein zu sagen, wo man es möglicherweise verloren hat, oder ob eine Geldbörse dazugehörte."

Geld im Fundbüro abgeben, hört sich zunächst absurd an. Ist aber genauso Pflicht wie bei allen anderen Fundstücken. Laut Bürgerlichem Gesetzbuch ist jeder verpflichtet, den Gegenstand bei der zuständigen Behörde abzuliefern, sagt Paragraf 967. Vier Paragrafen weiter erfährt man, dass sich das durchaus rentieren kann, denn der Finder hat einen Anspruch auf Finderlohn. In der Regel sind das fünf Prozent des Wertes, das kann aber variieren.

Und findet sich nach einem halben Jahr kein Eigentümer, hat der Finder sogar Anspruch, den Gegenstand zu behalten - sofern er dieses Ansinnen beim Abgeben schon deutlich gemacht hat. Hat er kein Interesse, kommen die Fundsachen zur Versteigerung. Die findet in Stendal immer traditionell im Rahmen des Rolandfestes statt, der diesjährige Termin steht schon fest: Sonntag, 3. Juni, 13 Uhr.

Nicht alles, was sich bis dahin im Zeitraum von sechs Monaten angesammelt hat, kommt auch unter den Hammer. Der Klobürstenhalter zum Beispiel dürfte es nicht auf die Auktionsbühne schaffen. Aber Sabine Tix würde sich nicht wundern, wenn sich auch dafür ein Interessent fände: "Ich muss schon staunen, was für Preise die Leute teils für die Dinge bei der Versteigerung bezahlen." Sie selbst darf nicht mitsteigern, aber: "So ein schönes Fahrrad hier hätte ich auch gern mal gefunden und dann gehofft, dass sich kein Eigentümer findet", sagt sie verschmitzt mit Blick auf ein gut erhaltenes Damenfahrrad.

Im Fall des eingangs zitierten poetischen Waldwandlers war es übrigens ein Blümlein, das gefunden ward. Pflanzen wurden in der städtischen Fundstelle bisher noch nicht entgegengenommen - als kurioser Kontrast dazu aber mal einige Flaschen Bier. Da hat es jemand mit der Bürgerpflicht wirklich sehr ernst genommen.

Zur Beruhigung aller, die sich nun ob der gerade gewesenen Osterfeiertage Sorgen machen, sei gesagt: Gefundene Ostereier und Schokohasen, so kann man gewiss sein, müssen nicht abgegeben werden. Aber wahrscheinlich haben Sie die jetzt ohnehin schon aufgegessen...

Fundbüro im Stadthaus am Markt, Zimmer 14: Geöffnet Mo-Mi von 9-16 Uhr, Do 9-18 Uhr, Fr 9-13 Uhr. Fundgegenstände können aber auch überall sonst in der Stadtverwaltung, so auch im Servicepunkt im Rathaus, abgegeben werden.