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Wahrburg Schranke reicht am Bahnübergang nicht aus

Warum der Bahnübergang am Wahrburger Ortsrand (bei Stendal) stets von einem Posten gesichert werden muss.

Von Donald Lyko 16.12.2020, 00:01

Wahrburg l Oberbürgermeister Klaus Schmotz (CDU) brachte den Austausch von Argumenten, Wünschen und Erklärungen nach gut 15 Minuten treffend auf den Punkt: „Die Interessenslagen sind vollkommen auseinander.“ In den fast zwei Jahren sei die Bahn „einer möglichen Lösung nicht nahe gekommen“.

Nun sucht sie aber das Gespräch und hatte darum zum Vor-Ort-Termin eingeladen. Denn: Die Deutsche Bahn möchte den Bahnübergang dauerhaft schließen. Dafür aber hat die zuständige Straßenverkehrsbehörde die Zustimmung verweigert. Würde die Hansestadt dem jedoch zustimmen, ließe es sich vermutlich umsetzen. Doch wie gesagt: Die Ansichten gehen dabei ganz weit auseinander.

Darum geht es: Zu Beginn des vergangenen Jahres hatte die Bahn den beschrankten Übergang am Wahrburger Ortsrand, kurz hinter der sogenannten Weißen Brücke in Richtung Tornau, komplett gesperrt. Es wurden Betonblöcke über die Fahrbahn gelegt, Stendals Stadtverwaltung wurde im März 2019 informiert. Es wurde ein Sicherheitsproblem angeführt, das zu dieser Entscheidung geführt habe. Die Schließzeiten der Halbschrankenanlage lagen über dem erlaubten Wert.

Daran hat sich bis heute nichts geändert. Das Problem sei die nahe Lage des Stendaler Bahnhofes, erklärte Andreas Ecker von der DB Netz AG, Standort Magdeburg. Wenn die schweren Güterzüge von dort den Überweg passieren, haben sie noch nicht die notwendige Geschwindigkeit. Sie benötigen mehr Zeit zum Beschleunigen – und darum sind die Schranken länger unten als die erlaubten 240 Sekunden. „Damit gilt der Bahnübergang als nicht gesichert“, erklärte der Fachmann beim Vor-Ort-Termin.

Nachdem das festgestellt worden war, gab es von der Straßenverkehrsbehörde eine Genehmigung zur Sperrung, die jetzt aber nicht mehr verlängert wurde. Darum ist der Übergang seit dem 8. Dezember wieder offen. Nun schließen sich aber nicht nur die Halbschranken, zusätzlich sind rund um die Uhr zwei Mitarbeiter vor Ort, um vor einer Zugdurchfahrt ein Absperrband auf jeder Seite zu spannen. Das sei „nicht gerade etwas, das uns hoch erfreut“, kommentierte Andreas Ecker den Zustand, der noch einige Jahre so bleiben könnte. Eventuell bis dann, wenn die sogenannte Amerika-Linie in Richtung Uelzen zweigleisig ausgebaut wird und neu über die Überwege nachgedacht werden muss.

Für den Erhalt des Übergangs sprechen sich nicht nur Stadtverwaltung und Wahrburger Ortschaftsrat aus, sondern auch die rund 950 Mitglieder des Stendaler Anglervereins, die Landwirte und Waldbesitzer, die den Überweg zum Landwirtschaftsweg nutzen, um zu Feldern und Wäldern, zur Hähnchenmastanlage oder zum Angelgewässer zu gelangen. Zudem nutzen viele Wahrburger den Weg, um zum Friedhof zu kommen, auch Spaziergänger und Radfahrer sind dort in der Natur unterwegs.

Etwa eineinhalb Kilometer weiter gibt es einen Überweg, der regelkonform funktioniert, weil die Züge mehr Geschwindigkeit haben und den Punkt schneller passieren. Diesen Übergang zu nutzen, bedeute für die Landwirte, die 120 bis 150 Hektar in besagtem Areal beackern, aber nicht nur Umwege, sondern auch zusätzliche Kosten, sagte der Röxer Joachim Schaper, der in Tornau einen Milchviehbetrieb betreibt. Schaper: „Wir brauchen diesen Bahnübergang definitiv.“ Hinzu komme, dass Landwirte mit großen Fahrzeugen sonst zum Beispiel über die Wahrburger Straße fahren müssten – ein enger Tempo-30-Bereich, sehr schwierig, nicht ungefährlich.

Was spricht gegen eine Vollschranke? Eine solche technische Lösung mit deutlichem Eingriff in die Steuerungstechnik würde drei bis vier Jahre dauern, so Ecker, „denn dann kommen wir ins Planungsrecht“. Nach neuem Regelwerk müsste die Straßenbreite angepasst, müsste ein Einvernehmen mit dem Bund und dem Land hergestellt werden.

Die Bahn ist daran interessiert, den Übergang komplett zu schließen und bietet Kompensationszahlungen an. Denn ohne Einigung und Zustimmung der Beteiligten dürfte ein erneuter Schließantrag nicht erfolgreich sein. „Wir brauchen das Geld nicht, wir brauchen den Übergang“, machte Ortsbürgermeisterin Carola Radtke unmissverständlich klar.

Dann werde sich die Bahn „dem Thema stellen müssen“, kündigte Andreas Ecker an. Es könnte sein, dass die Posten dann drei bis vier Jahre dort eingesetzt werden müssen.