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Bestattungen Die letzte Ehre in der Pandemie

Ein einsamer Tod und einsame Abschiede sind Folgen der Corona-Pandemie. Bestatterin Sylvia Döppner aus Wanzleben erzählt.

Von Josephine Schlüer 25.01.2021, 23:01

Wanzleben l Der plötzliche Tod eines sehr jungen Menschen in Wanzleben vor knapp einem Jahr ist Sylvia Döppner besonders im Gedächtnis geblieben. „Das war ohnehin sehr tragisch, aber die Angehörigen durften sich nicht einmal in der Trauerhalle verabschieden", erinnert sich die Bestatterin. Viele Verwandte und Freunde hätten bei der Bestattung dabei sein wollen. Doch wegen der Corona-Pandemie war das nicht erlaubt. „Also standen wir draußen vor der Halle, nur der engste Familienkreis, ich als Trauerrednerin, und unzählige Krähen, die auf dem Wanzleber Friedhof unheimlichen Lärm verbreiten. Das war sehr störend“, sagt die Bestatterin aus Wanzleben.

Ob eine Trauerfeier an der Grabstätte oder in der Trauerhalle stattfindet, dürfen sich Angehörige im Normalfall aussuchen. Im ersten Lockdown wären diese aber nur draußen erlaubt gewesen. Jetzt gehe wieder beides. „Wir versuchen derzeit, die Trauerfeiern nur auf den engsten Familienkreis zu beschränken“, sagt Sylvia Döppner. Zwar hieße es in der Eindämmungsverordnung, dass sowohl der engste Familien-, als auch der engste Freundeskreis an einer Bestattung teilnehmen dürfen, nur sei „Freundeskreis“ ein sehr dehnbarer Begriff. Es sei schwer einzuschätzen, wer zum engsten und wer nur zum erweiterten Kreis gehört. „Kinder, Eltern, Geschwister und Enkel, dabei versuchen wir es weitestgehend zu belassen“, so Döppner.

Das Abwägen sei schwierig. Gerade auch weil in den kleineren Orten, so auch in den Wanzleber Ortsteilen, die Faustregel gelte: „Je kleiner der Ort, desto größer die Beerdigung. Viele kennen sich intensiver, haben sich gegenseitig geholfen und möchten sich voneinander verabschieden“, weiß die Bestatterin. In einigen Dörfern habe sie erlebt, dass das Bedürfnis nach einer Verabschiedung so groß war, dass zu viele Menschen auf den jeweiligen Friedhof gekommen sind, obwohl es vorher anders kommuniziert wurde. Döppner: „Es ist schon irgendwie nachvollziehbar.“

Auch die Bereitwilligkeit sich an die Maßnahmen zu halten, sinke laut Döppner. Im ersten Lockdown hätten sich viele Menschen verständiger gezeigt. Mittlerweile sei eine gewisse Corona-Müdigkeit deutlich wahrnehmbar. Besonders tröstende Berührungen und Umarmungen würden den Trauernden fehlen. „Auch uns fällt das schwer. Wir sind meistens der erste Ansprechpartner nachdem ein geliebter Mensch verstirbt und sind auch selbst seelsorgerisch tätig“, sagt die Bestatterin. Da würden Umarmungen dazu gehören.

Wenn sich sehr viele Menschen von einer verstorbenen Person verabschieden möchten, schlägt Döppner den Angehörigen vor, Trauerfeiern zunächst im kleinen Familienkreis abzuhalten und zu einem späteren Zeitpunkt eine Gedenkstunde im größeren Rahmen zu ermöglichen. „Dann ist immer die Frage, ob die Verwandten das später noch wollen, der Trauerprozess will ja irgendwann abgeschlossen sein“, weiß Sylvia Döppner, die derzeit besonders viel zu tun hat. Oktober bis Januar seien die geschäftigsten Monate für Bestatter. Das sei ein generelles Phänomen und nicht durch Covid19 verursacht, betont Döppner. Ihr Unternehmen deckt die Regionen Magdeburg, Wanzleben und Völpke ab. Darum habe sie auch schon Bestattungen von Verstorbenen ausgerichtet, die mit oder an dem Coronavirus verstorben sind, auch wenn es solche Todesfälle zumindest in der Stadt Wanzleben-Börde bisher noch nicht gibt (Stand: 25. Januar).

Entsprechend der Vorgaben des Gesundheitsamts müssen die Mitarbeiter von Bestattungsunternehmen in so einem Fall komplette Schutzanzüge, inklusive Spezialhandschuhe, Schutzbrille und Gummischuhe bei der Überführung einer Urne oder eines Sarges tragen, weiß Döppner. Der oder die Verstorbene müsse in mit Desinfektionsmittel getränkte Tücher eingewickelt werden. „Wenn der oder diejenige zu Hause verstorben ist, dann ist das Bestattungshaus dafür zuständig“, sagt Döppner. Im Krankenhaus oder im Pflegeheim sei das die Aufgabe der dortigen Mitarbeiter. Auch von außen müsse der Sarg entsprechend gekennzeichnet werden.

Bis der Verstorbene im Krematorium einer zweiten Leichenschau unterzogen wird, lagert dieser üblicherweise in den Kühlräumen des jeweiligen Bestattungsinstitutes. „Wir versuchen das aber bei Toten, die an oder mit dem Virus verstorben sind, zu vermeiden. Sonst müssten wir alle Räumlichkeiten jedes Mal komplett desinfizieren“, sagt Döppner. Also würden diese Särge möglichst direkt ins Krematorium überführt. Das Bestattungshaus von Sylvia Döppner arbeitet mit dem Krematorium auf dem Magdeburger Westfriedhof zusammen. „Es ist momentan schon sehr voll dort, nicht wie in Sachsen, aber mehr als normalerweise üblich“, sagt Sylvia Döppner. Sie wisse zwar nicht, ob das nur an Covid19 liegt, aber ein Anstieg sei deutlich sichtbar.

„Letztendlich bin ich auf der Seite der Politik, was die Maßnahmen betrifft“, sagt die Bestatterin. Sie sehe schließlich in ihrem Beruf, dass Menschen an oder mit dem Coronavirus versterben. Auch wenn es schwer falle, dass momentan nicht jeder Abschied nehmen darf, findet sie die Einschränkungen dennoch richtig. Nur so könne man in die Zukunft blicken und irgendwann sagen: „Das haben wir geschafft.“