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Geschäftsführer Lange erläutert das Projekt Claudius-Haus-Stiftung baut "Ort der Erinnerung"

22.05.2012, 03:20

Oschersleben (mmt) l Zwei Menschen, die ihre Köpfe zärtlich aneinander schmiegen: Eine Holzskulptur wird für die Bewohner des Matthias-Claudius-Hauses Oschersleben demnächst ihren ganz persönlichen "Ort der Erinnerung" symbolisieren. Dort wollen sie von den Verstorbenen Abschied nehmen. Auf dem Gelände des Wohnbereichs in der Oschersleber Hermann-Krebs-Straße entsteht für das Matthias-Claudius-Haus ein "Ort der Erinnerung". Mittelpunkt dieses Rückzugsortes ist eine Skulptur aus Holz. Sie trägt den Namen "Von guten Mächten wunderbar geborgen" und stammt aus der Hand des Künstlers Walter Green aus Klein Rünz (Nordwestmecklenburg).

Das Kunstwerk zeigt zwei Menschen, deren Köpfe aus einem Stück Holz wachsen und die sich in Liebe zärtlich aneinander schmiegen. Mund, Nase, Ohren und jegliche Mimik fehlen - die Skulptur lebt einzig und allein von der Geste. Deshalb wurde das knapp 1,20 Meter große Kunstwerk von der Stiftung ausgewählt. Neben der Skulptur sind ein Pavillon, Bäume und Sträucher Teile dieses besonderen Ortes. Etwa 8500 Euro werden von der Stiftung dafür aufgewendet.

Die Volksstimme sprach mit Michael Lange, Geschäftsführer der Matthias-Claudius-Haus-Stiftung Oschersleben, über das Vorhaben.

Volksstimme: Herr Lange, warum haben Sie sich entschlossen, diesen Ort einzurichten?

Michael Lange: Dieser Ort wird dafür da sein, dass unsere Bewohner von den Verstorbenen Abschied nehmen können, dass sie trauern, sich erinnern oder sich einfach nur zurückziehen können. So einen Ort gibt es bislang nicht. Für mich ist das auch eine Reaktion auf den Wandel der Sterbe- und Trauerkultur.

Volksstimme: Können Sie das näher erklären? Welchen Wandel meinen Sie genau?

Lange: Heute werden immer mehr Menschen anonym auf der grünen Wiese bestattet. Menschen mit Behinderungen, die bei uns wohnen, arbeiten und auch sterben, bekommen in der Regel eine einfache Bestattung auf Friedhöfen in verschiedenen Orten. Diese werden vom Sozialträger bezahlt und können von uns nicht beeinflusst werden. Die anderen Bewohner müssen diesen oft sehr schmerzlichen Verlust verkraften, ohne irgendwo hingehen zu können, um zu trauern und sich zu erinnern. Deshalb kam im vergangenen Jahr, als wir drei Sterbefälle im Wohnheimbereich hatten, die Idee für den "Ort der Erinnerung" auf.

Volksstimme: Können Sie diesen Ort noch etwas näher beschreiben? Wie wird er aussehen?

Lange: Mittelpunkt ist eine Skulptur von Walter Green, die sich einige Bewohner selbst bei einem Ausstellungsbesuch ausgesucht haben. Drumherum wird ein Holzpavillon und eine halbrunde Mauer als Wind- und Regenschutz gebaut, und es wird alles begrünt. Auf kleine Namenstafeln wollen wir die Namen der Verstorbenen schreiben und eine Bank zum Verweilen aufstellen. Ich denke, es wird ein Ort der Harmonie, wohin man sich auch mal zu Zwiegesprächen mit den Toten zurückziehen oder einfach nur schweigend eine Kerze anzünden kann. Es soll ein geschützter Ort werden, der sich in das parkähnliche Areal in der Hermann-Krebs-Straße wunderbar einfügt. Selbstverständlich ist alles barrierefrei. Darauf wird unsere Projektgruppe, die unter anderem aus zwölf Bewohnern besteht, immer ein wachsames Auge haben.