Verbandsgemeinderäte besichtigen Schulen - Einwohnerversammlungen am 9. und 10. April Der Kampf hat begonnen: Bürger wehren sich gegen Schließung ihrer Grundschulen
Die drohende Schließung von einer oder mehreren Grundschulen in der Westlichen Börde sorgt für Aufruhr bei den betroffenen Eltern. Mit Protestaktionen wollen sie für den Erhalt der Schulen kämpfen.
WestlicheBörde l Die möglichen Schließungen von bis zu zwei der vier Grundschulen in der Verbandsgemeinde West- liche Börde sorgen für erhitzte Gemüter, Unverständnis und werfen bei den betroffenen Schülern und Eltern eine Reihe ungeklärter Fragen auf. Auf dem Prüfstand stehen die Grundschulen in Gröningen, Kroppenstedt, Hamersleben und Ausleben. Bis zum Herbst muss der Verbandsgemeinderat entscheiden, welche Standorte erhalten und welche womöglich geschlossen werden.
Die Mitglieder des Verbandsgemeinderates hatten sich auf ihrer vergangenen Sitzung darauf geeinigt, im Vorfeld der Entscheidung alle Einrichtungen zu besichtigen, um sich ein Bild von den Schulen zu machen (Volksstimme berichtete).
Auf dem Schulhof in Hamersleben sind die Vertreter der Verbandsgemeinde-Verwaltung, Bürgermeister und Gemeinderäte von zahlreichen Einwohnern aus der Gemeinde Am Großen Bruch sowie der Gemeinde Ausleben empfangen worden. Die Stimmung bei Eltern, Großeltern, Kindern und Vertretern von Kindereinrichtungen, ortsansässigen Vereinen und der Feuerwehr war bedrückend.
Während der Besichtigung wurde das Schulgebäude mit allen Räumlichkeiten intensiv unter die Lupe genommen. Schulleiterin Diana Pomme und ihr Lehrerteam standen dabei für Fragen und Auskünfte bereit. Neben den Verbandsgemeinderäten nutzten auch weitere Anwesende die Gelegenheit, das Schulhaus zu besichtigen, Gespräche zu führen und Kontakte zu knüpfen, sich auszutauschen und ihrem Ärger Luft zu machen.
So wie Susanne Stache, deren Tochter die Einrichtung besucht hat. "Ich kenne die Schule noch von früher und finde, dass der Standort in Hamers- leben völlig in Ordnung ist. Jede Klassenstufe hat einen eigenen Klassenraum, die Schüler fühlen sich hier sehr wohl. Und es wurde in den letzten Jahren sehr viel investiert."
Nadine Schrader, Mutter von zwei Kindern, findet die Diskussion um Schulschließungen in der Westlichen Börde völlig unsinnig, "der Standort in Hamersleben ist gut ausgestattet und modern, es sind genügend Kinder da", sagt die Hamersleberin.
Hintergrund: Die Landesregierung plant derzeit eine Neuauflage des Schulentwicklungsplans. Dem jüngsten Entwurf zufolge müssen Grundschulen ab dem Schuljahr 2017/\'18 mindestens 60 Schüler aufweisen. Diese Zahl wird nicht in allen Einrichtungen der Verbandsgemeinde erreicht.
"Ich sehe Vorteile für den Bestand der Aus- leber Schule. Sie ist ebenerdig und dort wurde viel investiert."
Nadine Tobien, Elternvertreterin der Grundschule Ausleben
Nadine Tobien, Elternvertreterin der Grundschule Ausleben, wo ihre Tochter die dritte Klasse besucht, macht hingegen Werbung für die eigene Einrichtung: "Es tut mir sehr leid, dass überhaupt Schulen geschlossen werden müssen. Ich sehe jedoch mehr Vorteile für den Bestand der Ausleber Grundschule. Sie ist ebenerdig und es wurde dort viel investiert." Zudem befindet sich die Sekundarschule auf dem gleichen Gelände, so dass der Schulweg über alle Schuljahre hinweg der gleiche bleibe. Würde die Einrichtung geschlossen werden, "müssten alle Kinder mit dem Schulbus fahren".
Michael Keske aus Neu- wegersleben, Vater eines fünf Jahre alten Mädchens, spricht sich für den Erhalt beider Schulen aus. "Mich stören insbesondere die großen Klassen, die es bei einer Schließung zwangsläufig geben wird. Das hat Nachteile für die Schüler, die sich in zahlenmäßig kleineren Klassen besser entfalten können und wohler fühlen." Auch für die Lehrer könnten größere Klassenverbände nachteilig sein, vermutet er. "Ich fürchte, die Lehrer können sich dann nicht mehr so gut um die Kinder kümmern."
Unmittelbar betroffen von einer Schließung wären Annett Krüger und Manuela Müller aus Neuwegersleben, deren Kinder in diesem Jahr in Hamersleben eingeschult werden. "Unsere Kinder sind schon jetzt ganz durcheinander, denn sie müssen ja im Falle der Schließung in Hamersleben umgeschult werden. Dort ist es sehr familiär, die Kinder kennen alles und fühlen sich sehr wohl. Außerdem gibt es eine Essenversorgung im Hause", zählen die Mütter die Vorteile der Einrichtung auf.
Den Wunsch nach einem Erhalt der Hamersleber Schule teilt auch Jennifer Weber. Die Tochter der Gunsleberin besucht ab 2016 eine Grundschule. Und ginge es nach dem Willen ihrer Mutter, wäre das die Einrichtung in Hamersleben. "Dann müsste meine Tochter ¿nur\' sieben Kilometer mit dem Bus fahren, nach Ausleben ist es viel weiter." Auch Jennifer Weber sieht in der Schulküche, die die Schüler täglich mit frischem Essen vor Ort versorgt, einen Wettbewerbsvorteil für Hamersleben. "Außerdem gibt es hier einen extra Förderraum für die Mädchen und Jungen."
Die Mutter der Gunsleberin, Anja Simoski, war zur Besichtigung extra aus Schlanstedt angereist. "Ich finde es schlimm, dass Schulen überhaupt geschlossen werden. Wenn meine Enkeltochter den weiteren Schulweg nach Ausleben mit 16 Kilometern nehmen muss, dann muss sie noch früher aufstehen und noch früher von zu Hause los", befürchtet die Großmutter. Zudem stellt sich ihr die Frage, was aus der Hamersleber Turnhalle werden soll, wenn die Schule geschlossen wird. "Die Turnhalle ist in wenigen Minuten für die Schüler erreichbar und wird sehr viel von Vereinen aus Hamersleben genutzt. Ist sie dann noch zu halten?"
Diese und weitere Fragen sollen laut Verbandsgemeindebürgermeisterin Ines Becker (parteilos) auf einer Einwohnerversammlung am Mittwoch, 10. April in der Hamersleber Mehrzweckhalle erörtert werden. "Dann werden wir ausführlich über die Problematik und Schulentwicklungsplanung des Landes aufklären, die gesetzlichen Grundlagen erläutern und Fragen beantworten", kündigte sie an. Die Versammlung ist für 18Uhr geplant.
Eine Einwohnerversammlung zum gleichen Thema wird es einen Tag eher im Kulturhaus in Gröningen geben. Beginn ist 18 Uhr. Angesprochen sind in erster Linie betroffene Eltern von Kindern, die die Grundschulen in Gröningen und Kroppenstedt besuchen oder dies vorhaben.
"Wenn meine Enkeltochter den weiteren Schulweg nach Ausleben nehmen muss, muss sie noch früher aufstehen."
Anja Simoski, Großmutter eines Kindes, dass 2016 eingeschult wird
Auch dort hatte es in dieser Woche Schulbesichtigungen gegeben. Und auch dort wollen die Eltern gegen die Schließung ihrer Grundschulen mobil machen, wie Gröningens Bürgermeisterin Renate Hillebrand (CDU) sagte. Die Christdemokratin sieht vor allem die langen Anfahrtwege für die Kinder aus Großalsleben und Krottorf problematisch. Bisher sind sie in Gröningen beschult worden, einem Vorschlag der Verbandsgemeinde-Verwaltung zufolge müssten sie bei einer Schließung der Gröninger Einrichtung nach Kroppenstedt fahren.
Problematisch sei zudem auch ein finanzieller Aspekt. Renate Hillebrand: "Wir haben 2011 die Turnhalle in Gröningen eröffnet und dafür Fördergelder kassiert." Sollte die Halle nicht mehr für den Schulsport genutzt werden, könnte es sein, dass diese Fördergelder wieder zurückgezahlt werden müssen. "Aber das wissen wir noch nicht genau. Wir müssen noch einmal in den Fördergeldantrag schauen."
"Da kommt noch einiges auf uns zu", sagt Kroppenstedts Bürgermeister Joachim Willamowski (CDU). Es gebe einige Aspekte, die in die Entscheidung über Erhalt oder Schließung der Schulen einfließen müssten. Willamowski hatte sich auf der Sitzung des Verbandsgemeinde-Hauptausschusses dafür ausgesprochen, eine Entscheidung nicht hinauszuzögern. "Wir brauchen einen klaren Schnitt", hatte er gesagt. "Und das meine ich auch heute noch." Allerdings habe er durch die Besichtigungen neue Erkenntnisse gewonnen. Im Hauptausschuss hatte er sich für den Erhalt der Kroppenstedter und der Ausleber Schule zu Lasten der Einrichtungen in Gröningen und Hamersleben eingesetzt. Wie er heute dazustehe, wollte er auf Nachfrage nicht sagen.
Gefreut habe er sich über die Resonanz auf die Einladung zur Besichtigung der Schulen in Ausleben und Hamersleben. Gleichzeitig sei er enttäuscht, dass der Termin in Kroppenstedt von der Bevölkerung weitgehend unbemerkt blieb.
Der Verbandsgemeinderat will auf der Sitzung am 18.April in Gröningen über die Zukunft der vier Grundschulen entscheiden.