Cornelia Bartels in Glindenberg hängt ihre Sammlerstücke auf Ein Baum voller Kannen als ein Zuhause für Elfen
Der eine sammelt Briefmarken, der andere Postkarten, beim nächsten drängeln sich Gartenzwerge im Vorgarten. Viele Leute entwickeln im Laufe der Jahre eine Sammelleidenschaft. Einige Einwohner des Landkreises mit ungewöhnlichen Sammelobjekten werden in dieser Serie vorgestellt. Heute ist die Volksstimme zu Gast bei Cornelia Bartels in Glindenberg.
Glindenberg. Wer im botanischen Lexikon nach einem Kannenbaum sucht, wird ihn nicht finden. Dennoch gibt es ihn, er steht in einem Garten in Glindenberg, ganz offensichtlich neben der Straße. "Viele Radfahrer halten hier an und knipsen den Baum", sagt Cornelia Bartels, "Wenn er ihnen gefällt, sollen sie doch." Ihr selber gefällt der Kannenbaum auch. "Der ist lustig, so einen Baum hat sonst kein Mensch." Beinahe vierzig Kannen hängen an den knorrigen Ästen des uralten Apfelbaums, der schon lange weder Früchte noch Blätter trägt. Kaffeekannen zumeist, aber auch Teekannen. Eine klassische Sammlerin ist Cornelia Bartels nicht. Sie sucht keine Kannen. Die Kannen kommen zu ihr.
Die Geschichte von Cornelia Bartels und den Kannen begann vor etwa sechs Jahren, auf gar keinen Fall als Liebesgeschichte. "Meine Schwester hat ihr Gartenhaus ausgeräumt", erzählt Cornelia Bartels, "und mir drei bis vier Kaffeekannen gebracht." Einfach im Garten von Cornelia Bartels abgestellt, unterm Essigbaum auf dem Rasen. Begeistert war Cornelia Bartels nicht. "Was soll ich mit dem Babel", hat sie gedacht. Und obendrein störten die Kannen beim Rasenmähen. "Wegschmeißen wollte ich sie dennoch nicht", sagt Cornelia Bartels. Obwohl sie alt sind, offensichtlich schon viel Kaffee im Bauch hatten und rein materiell auch kein bisschen wertvoll sind. Doch für Cornelia Bartels waren die Kannen längst kein "Babel" mehr, behutsam war eine Beziehung zum bauchigen Porzellan gewachsen. Wenn sie unter dem Baum stören, müssen sie eben hinauf, dachte sich die resolute Frau und behängte den Essigbaum mit den Kannen. Eine Notlösung, weil sie nicht wusste, wohin, aber die Notlösung gefiel schon bald darauf nicht nur ihr. "Plötzlich standen Kaffeekannen an unserer Gartentür." Cornelia Bartels staunte nicht schlecht, nahm die Ausgesetzten in ihre Obhut. Ehemann Klaus machte sich über die wachsende "Früchtezahl" im Essigbaum lustig und befürchtete, der Baum würde die Last bald nicht mehr tragen. Und wirklich, der Baum kippte. "Nicht wegen der Kannen, sondern weil er dauernd im Wasser stand", behauptet Cornelia Bartels. Die Kannen waren ihr zu dem Zeitpunkt schon ziemlich ans Herz gewachsen. Sie revanchierten sich bei der "Adoptivmutter". Bei dem Sturz ging keine einzige kaputt. Wenn das kein Zeichen ist, mag sich Cornelia Bartels gedacht haben, und gab den Kannen ein neues Zuhause. Sie zogen um in den alten Apfelbaum und wurden sorgfältig mit Haken befestigt.
Nach wie vor standen Kannen am Zaun, Tassen auch. "Ich hänge alle auf", sagt Cornelia Bartels, "die Leute wollen doch sehen, dass ihre Geschenke ankommen." Sie kommen an. "Du hast einen richtigen Elfengarten", sagte eine Bekannte. Die Elfen wohnen in den Kannen, fliegen durch die Tüllen hinaus. "Na wenn sie meint", sagt Cornelia Bartels skeptisch und freut sich trotzdem über die poetische Betrachtungsweise. Rational denkende Gemüter entdecken in den Kannen statt zartflügeliger Fabelwesen lediglich Schnecken. Beinahe in jeder Kanne sitzt eine. Cornelia Bartels zuckt die Schultern. "Hauptsache jeder findet zum Leben seinen Platz."
Nicht alle Kannen kommen anonym in den Glindenberger Garten. "Als meine Nachbarin weggezogen ist, hat sie mir eine Kaffeekanne da gelassen, als Erinnerung", freut sich Cornelia Bartels noch immer. Auch ihr Kollege machte ihr eine Freude mit einer tiefblauen Teekanne. Die bekam einen Ehrenplatz, hoch oben im Baum.
Die Tassen, die ihr geschenkt wurden, sind besonders und so werden sie auch behandelt. Sie haben am Kannenbaum nichts zu suchen, werden aber an Rankgitter gehängt. Gut sichtbar für alle Vorbeikommenden. Ehemann Klaus schmunzelt noch immer über die Kaffeekannen seiner Frau. Er ist Lkw-Fahrer – und eines Tages kehrte er heim und machte seiner Frau ein Geschenk. "Die Kanne mit den schwarz-weißen Streifen hat er mir mitgebracht." Er hatte sie neben einer Tonne gesehen, seinen Truck angehalten und die Kanne geborgen. Das war wohl so etwas, wie eine Liebeserklärung. Jedenfalls ist ihr diese Kanne die liebste.