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Beschwerde Nur bis 18 Uhr ist Spielen erlaubt

Die Anwohner am Spielplatz in Bahrendorf (Landkreis Börde) beklagen sich über das Verhalten rumänischer Kinder.

Von Udo Mechenich 25.05.2020, 23:01

Bahrendorf l „Wir haben Rechte und Pflichten. Die Rumänen haben Rechte und Pflichten.“ So umschreibt Ute Bauer ihre Erwartungshaltung an alle Bewohner im Bereich des Kinderspielplatzes in Bahrendorf.

Seit fünf Jahren leben in Bahrendorf rumänische EU-Bürger. Die Großfamilien mit ihren Kindern sorgen nach Meinung Bauers für „sozial unverträglichen Lärm“. Sie und die andere Anwohner empfänden dies mittlerweile „als Psychoterror“. Das seien mindestens 30 Kinder, die ohne Aufsicht von ihren Eltern raus geschickt werden und dort den ohrenbetäubenden Lärm verursachen. „Wir haben schon mehrmals das Gespräch mit den Eltern gesucht. Dann ging es gefühlte fünf Minuten gut und dann fing es wieder von vorne an. Viele einheimische Erwachsenen werden auf dem Spielplatz von den Kindern mit Sand beschmissen und bespuckt. Wir haben daraufhin auch schon Anzeigen gemacht. Die wurden abgewiegelt, weil man die Kinder nicht zuordnen könne“, berichtet Bauer weiter.

Bei einer ersten Bürgerversammlung am 29. November 2019 sei den Anwohnern von der Verwaltung versprochen worden, nach Lösungen zu suchen. Außerdem sollten sie Telefonnummern bekommen, die sie anrufen können, falls es zu Problemen kommt. Nichts sei passiert, so Bauer. „Das Jugendamt war wohl vor Ort. Von dort hieß es, dass ,keine Gefahr in Verzug ist‘. Wenn aber Windelkinder hier bei uns im Bach ganz alleine spielen, dann geht das aber einfach gar nicht“, betont Bauer gegenüber der Volksstimme. Die größeren Kinder seien zudem respektlos gegenüber allen Erwachsenen. „Wir können denen sagen, was wir wollen. Da bekommt man einen Stinkefinger gezeigt.“

Auch Sonja Zimmermann, die seit 20 Jahren mit ihrem Mann in der Nähe des Spielplatzes wohnt, beklagt die Zustände. Sie habe Generationen von Kindern beim Herumtollen und Albern in ihrem Umfeld erlebt. Jetzt aber fragt sie: „Warum müssen diese rumänischen Kinder Tag für Tag, auch in den Ferien und am Wochenende, ohne Begleitung ihrer Eltern sein? Warum müssen wir mit Beklemmungen einem Kaffee auf der Terrasse entgegen sehen? Kann Lärm so störend sein?“

Am Donnerstag, 14. Mai, gab es eine zweite Bürgerversammlung in Bahrendorf im Gemeindesaal. „Da hatten wir uns erhofft, dass wir endlich Lösungen präsentiert bekommen. Nichts dergleichen. Wir haben die Situation noch mal geschildert und erklärt, welche Rechtsmöglichkeiten es nach unserer Auffassung gibt. Darauf wurde aber von der Verwaltung nicht groß eingegangen. Als Anwohner fühlen wir uns ziemlich verlassen.“

Bespucken, Sandschmeißen, Lärm, Sperrmüllberge ohne Ende: listet Anwohner Falko Langhans die Ärgernisse auf. Man habe sich schon an die Ordnungsämter der Gemeinde in Osterweddingen und des Landkreises Börde in Haldensleben gewendet. Von dort aber habe es als Reaktion nur einen Standardantworttext gegeben. „Wir hätten das auf privatrechtlicher Ebene auszustehen“, ärgert sich Langhans. Dabei gehe es nicht um einzelne Bewohner. Es geht um das gesamte Areal rund um die Ringstraße und den Spielplatz. „Da denke ich schon, dass die Gemeinde mitwirken muss. Das ist Gemeinwohl.“

Es sei immer schwierig, sich bei solchen Problemen neutral zu positionieren, urteilt Bahrendorfs Bürgermeister Matthias Kunze (CDU). „Man wird da schnell in die falsche Ecke gestellt, obwohl man sich um eine gerechte Lösung – im Sinne aller – bemüht.“

Der Ortschaftsrat stehe hierbei zwischen den Stühlen, urteilt auch Ratsmitglied Steffen Schulze (CDU). „Es gab schon Gespräche zwischen dem hauptamtlichen Bürgermeister und den Rumänen, mit dem Ziel, dass man sich entsprechend verhält. Wir haben nichts gegen Kinderlärm, zumal ja der Spielplatz gleich in der Nachbarschaft zu den beiden Wohnhäusern liegt. Wir versuchen dabei natürlich auch, die Anwohner bei der Wahrnehmung ihrer Interessen zu unterstützen. Wir wollen alle mit ins Boot holen, um gemeinsam eine Lösung zu finden. Der erste Schritt ist nun die Zusage des Vermieters, dass er auf seine Mieter dahingehend einwirken möchte, dass sie sich an die Regeln halten. Er kündigte eine Abmahnung aufgrund der vielen Beschwerden an. Ob diese Abmahnung von ihm tatsächlich versendet wurde, kann ich nicht bestätigen. Es wurde nur darüber gesprochen.“

Seit 2018 gebe es in Sachsen-Anhalt das Gesetz zur Beseitigung von Wohnraummissständen, berichtet Kunze. Das habe Magdeburgs Oberbürgermeister schon angewendet und so ein wenig Ordnung und Ruhe im Bereich des Moritzplatzes rein bekommen. „Dieses Gesetz ermöglicht, zu überprüfen, wer da überhaupt wohnt und ob das überhaupt alles rechtens ist.“

Der Ortschaftsrat habe der Gemeinde empfohlen, sich in Magdeburg zu informieren, wie dort mit einem ähnlichen Fall umgegangen wurde und welche rechtlichen Möglichkeiten dort genutzt wurden, um das Problem in den Griff zu bekommen, so Kunze gegenüber der Volksstimme.

Der Bürgermeister der Gemeinde Sülzetal, Jörg Methner, sei schon bemüht, die Anwohner zu unterstützen, wo er kann, meint Anwohnerin Bauer. „Wir freuen uns, dass nun an jedem Eingang zum Spielplatz Schilder angebracht wurden, damit jeder erkennen kann, wann hier gespielt werden darf, und welche Regeln hier gelten. Die Zeit wurde eingeschränkt. Der Spielplatz ist jetzt von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Vorher war es bis 20 Uhr. Wir würden uns freuen, wenn diese Verkürzung der Spielzeit nach den Corona-Einschränkungen auch weiterhin gilt.“

„Seit einigen Jahren wohnen in Bahrendorf in einem privaten Mietshaus EU-Bürger. Es handelt sich hier um eine rumänische Großfamilie.Anfänglich lief es normal ab, aber dann begannen die Probleme wie Sperrmüllentsorgung auf öffentlichen Flächen und überdurchschnittlicher Kinderlärm. Durch Gespräche meinerseits mit Vermieter und Mietern, konnte ich ein weiteres Vermüllen auf öffentlichen Flächen verhindern“, berichtet Methner. Die Probleme seien daraufhin auf das private Grundstück verlagert worden. Hier sei der Vermieter in der Pflicht. „Fast täglich führte ich Gespräche. Das Problem bleibt jedoch die Verständigung. Kinder haben übersetzt, in der Hoffnung das von mir Gesagte rüber zu bringen.“

Darüber hinaus habe es Gespräche mit dem Landkreis, der Polizei, dem Ortsbürgermeister und den Anwohnern gegeben. Das Problem sei die Mentalität, so Methner weiter. Die Familie habe beteuert, in Deutschland bleiben zu wollen. Er habe ihnen daraufhin deutlich erklärt, dass sie dann auch die deutsche Sprache lernen und entsprechend den Gesetzen und den Regeln leben müssten. Das gehöre mit zur Integration.

Methner: „Kinderlärm ist im gesetzlichen Sinne kein Lärm, aber die Eltern sind in der Pflicht, darauf hinzuwirken, dass Nachbarn nicht überdurchschnittlich belästigt werden. Wir können nur durch Gespräche mit dem Vermieter und den Bewohnern eine Verbesserung herbeiführen.“

Erst kürzlich habe er sich erneut mit dem Vermieter vor Ort getroffen, berichtet Sozialdemokrat Methner. „Der Vermieter hat den Familien ein Schreiben übergeben, in dem er mit Nachdruck darauf hinweist, sich vernünftig zu verhalten. Wir haben mit der Polizei abgesprochen, zu unregelmäßigen Zeiten gemeinsam Präsenz zu zeigen“, betont Bürgermeister Methner abschließend.